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Die braune Elite

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Bormann, Goebbels, Goring, Heydrich und Hinnm-ler: fünf Ivlänner um Adolf Hitler, die zusammen mit ihrem Führer die Welt in Brand steckten und allesamt das Geschäft der rücksichtslosen fvlassen-mörder vom Schreibtisch aus verrichten.

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Bormann, Goebbels, Goring, Heydrich und Hinnm-ler: fünf Ivlänner um Adolf Hitler, die zusammen mit ihrem Führer die Welt in Brand steckten und allesamt das Geschäft der rücksichtslosen fvlassen-mörder vom Schreibtisch aus verrichten.

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Der Zeitgeschichtler Harald Peuschel zeichnete die Lebensläufe der braunen Elite um Hitler in fünf Kurzbiographien knapp, präzise und nach kriminologischen Gesichtspunkten auf und ergänzt seine Arbeit noch mit lexikalischen Angaben zu weiteren führenden Personen des nationalsozialistischen Gewaltregimes.

Es entstand so ein außergewöhnlich aufschlußreiches Paperback über das Dritte Reich insgesamt, weil sich in den Lebensläufen der Männer um Hitler auch der Charakter des nationalsozialistischen Regimes widerspiegelt: Machtstreben, Menschenverachtung, Zynismus und kriminelle Energie prägten das , System und die darin handelnden Personen.

Da war einmal Reichsleiter Martin Bormann, Herrscher über einen Parteiapparat von 10,5 Millionen NSDAP-Mitgliedern, ab 12. April 1943 von der grauen Eminenz und vom Einf lüsterer Hitlers offiziell zum „Sekretär des Führers" avanciert: ein Apparatschik übelster Sorte, machtbesessen, kaltschnäuzig, talentierter Intrigant, der nach oben unterwürfig buckelte und nach unten mitleidlos trat.

Kein Wunder, daß Hitler mit ihm ein Zweckbündnis einging. Denn Bormann stand bei den Völkermord-Programmen bedingungslos an der Seite des Führers, galt sogar als „Experte für Judenfragen". Tatsächlich war er ein Experte der Grausamkeit und des Völkermordes, der es zum Beispiel durchsetzte, daß Kriegsgefangene bei Widersetzlichkeiten geprügelt und erschossen werden konnten.

Ein nicht weniger finsterer Charakter war Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels, der wortgewaltige Intellektuelle des NS-Staates, der zwar von sich selbst behauptete, keinerlei Exekutivgewalt und staatliche Macht zu besitzen, in Wirklichkeit aber die blutigen Macht- und Terrorspiele seines Führers ohne Wenn und Aber mitspielte. So bereitete er zusammen mit Goring während des sogenannten Röhm-

Putsches im Juni 1934 eine Liste der Todeskandidaten vor und zählte zu den Drahtziehern der „Reichskristallnacht" am 9. November 1938.

Vor allem aber war es dieser „Werbefachmann des Dritten Reiches", ein Meister in der Kunst der Volksverführung, der die nationalsozialistische Gewaltherrschaft psychologisch und propagandistisch nach innen und nach außen abschirmte.

Jberdurchschnittlich intelligent, witzig, leutselig war Hermann Goring, einer der wichtigsten Mitarbeiter des Führers. Doch dies ist nur die eine Seite. Die andere ist, daß der „erste Paladin" Hitlers — ein rnachthungri-ger, eitler Egozentriker mit psychopathischen Anlagen - an der Versklavung und Ermordung von rund 11,5 Millionen Menschen aus 19 Nationen wesentlich mitbeteiligt war. Goring war es, der Reinhard Heydrich am 31. Juli 1941 offiziell mit der „Endlösung der Judenfrage" beauftragte.

Und Goring als Oberbefehlshaber der Luftwaffe war es, der der deutschen Bevölkerung den strategischen Luftkrieg der Alliierten mit fast einer halben Million Bombentoten und teilweise total zerstörten Städten auflud.

Eiskalter Rechner im Poker um die Macht wie die bisher Genannten war der Chef des Reichssicherheitshauptamtes Reinhard Heydrich. Hitler nannte ihn den „Mann mit dem eisernen Herzen". In der Tat war er der wahrscheinlich kaltschnäuzigste unter seinen NS-Mordkomplizen.

Nicht umsonst bezeichnet ihn Peuschel als den „Exekutor" und „Großinquisitor" des Dritten Reiches. Auf der „Wannsee-Konferenz" vom 20. Jänner 1942 entwik-kelte er seine Pläne zur Eliminierung des auf polnischem Boden massiert zusammengefaßten Judentums, die Folge waren schon im März 1942 Massenvergasungen.

Mindestens eine Million Menschen sind den Aktivitäten Heyd-richs bis zu seinem frühen Tode im Juni 1942 zum Opfer gefallen. Aber er hat auch die Weichen mitgestellt zur Ermordung weiterer zehn Millionen Menschen durch die NS-Schergen bei 57 'Millionen Kriegstoten insgesamt.

Peuschel urteilt: „Heydrich war in der Tat von der Notwendigkeit der ihm erteilten Befehle überzeugt, er hatte darüber hinaus seinen Apparat fest in der Hand und handelte bei seinem blutigen Handwerk niemals gegen seine Einsichten". Dabei kennzeichneten „Menschenverachtung und ein unbeugsamer Wille zur Macht den Charakter des Technikers der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, eines Managers des Terrors, dem in Wirklichkeit nichts heilig war."

Dagegen waren dem vom Diplom-Landwirt zum Reichsführer SS aufgestiegenen Heinrich Himmler etliche Dinge heilig: etwa die „Blut und Boden"-Mystik, die Reinheit der Rasse, die Vorherrschaft des Germanentums. Für solche Spinnereien ließ der „Züchter germanischer Edlinge" Millionen über die Klinge springen: Kranke, Leidende, Krüppel, Geisteskranke, Jesuiten, Bibelforscher, Freimaurer, Asoziale, Homosexuelle, Juden, Ostvölker, Bolschewisten, Zigeuner...

Den Hang zum Doktrinarismus hatte er mit Hitler gemein, dazu kam bei Himmler der Hang zur Gleichmacherei. Was dazu führte, so Peuschel, daß „unter seiner Führung Genauigkeit in Pedanterie, Gehorsam in Kadavergehorsam, Ordnungsliebe in Rechthaberei und Universalbildung in Schulmeisterei erstarrte".

Peuschels gut und verständlich geschriebene Biographien über die braune Polit-Mafia sollten eine Pflichtlektüre für alle zeitgeschichtlich Interessierten sein.

DIE MÄNNER UM HITLER. Braune Biogra-ohien. Von Harald Peuschel. Droste Verlag, Düsseldorf 1982.190 Seiten. Pbck.. öS 182,50

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