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Die Brücken zum Bischof

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„Niemand außerhalb der katholischen Kirche, weder Heide noch Jude noch Ungläubiger oder ein von der Kirche Getrennter, wird des ewigen Lebens teilhaftig, sondern verfällt vielmehr dem ewigen Feuer, wenn er sich nicht vor dem Tod der katholischen Kirche anschließt.” So befand im Jahr 1442 das Konzil von Florenz. Heute lesen wir im neuen Katechismus der katholischen Kirche unter Punkte 836 zur Frage: „Wer gehört der katholischen Kirche an?” unter Berufung auf die Konzilskonstitution Lumen Gentium: „...die katholischen Gläubigen, die anderen an Christus Glaubenden und schließlich alle Menschen überhaupt, die durch die Gnade Gottes zum Heil berufen sind” (LG 13).

Der einzige Schluß, den man daraus ziehen kann: Auch Konzilien können irren. Nobler ausgedrückt: „Da unsere Gotteserkenntnis begrenzt ist, ist es auch unser Sprechen von Gott.” (So Punkt 41 des Katechismus.) Und: „Wir glauben nicht an Formeln, sondern an die Wirklichkeiten, die diese ausdrücken” (170). Und da die Offenbarung zwar „abgeschlossen, ihr Inhalt aber nicht völlig ausgeschöpft ist, bleibt es Sache des christlichen Glaubens, im Lauf der Jahrhunderte nach und nach ihre ganze Tragweite zu erfassen” (nocheinmal Katechismus, 66).

Mit Hilfe dieser Sätze wäre der „Wahrheitskonflikt” mit Bischof Kurt Krenn aus der Welt zu schaffen. Es war ein Verdienst der Fern-seh-„Kontroverse” am 8. Juli, dem Kern der Auseinandersetzung thematisch sehr nahe gekommen zu sein. Der Pastoraltheologe P. M. Zulehner rührte ihn direkt an. Aber man redete in entscheidenden Fragen aneinander vorbei. Weil alle Bischof Krenn auf die Konzilslinie festzunageln versuchen, hebt er sie aus den Angeln, wenn er sich selbst auf das Konzil bezieht.

Beide Seiten müßten zugeben: Unser Reden von Gott und seiner Wahrheit und seinem Willen ist zeitgebunden, vorläufig, unvollkommen, im Lauf der Kirchengeschichte je und je neu und tiefer ergründbar und begründbar - also darf man sich nie an gewisse Formulierungen klammern, sondern muß sich bewußt bleiben, daß auch all unser ganzes Glauben „Stückwerk” (1 Kor. 13,12) ist.

Wenn der Bischof sich zu einem klaren Ja zu solch demütiger Betrachtungsweise entschließen könnte, dürfte es an der Bereitschaft der Kontrahenten nicht fehlen, die Vertreter des Lehramtes als „Bergführer” zu akzeptieren.

Und wenn wir uns darauf einigen, daß ein irrendes Gewissen möglich ist, seinen Besitzer subjektiv entschuldet, aber überwunden werden muß, dann gäbe es ein sofortiges Ja dazu, sobald außer Streit steht, daß auch ein Papst ein irrendes Gewissen haben kann (und in der Kirchengeschichte mehr als einmal gehabt hat).

Über Begriffe läßt sich trefflich streiten. Aber als der Bischof solche einmahnte („Sie sind Professor und nicht Bildermaler”), da zitterte selbst im Dom von St. Pölten eine bißchen das gekreuzte Holz dessen, der als Priester und Hirte (!) immer nur in Bildern und Gleichnissen und so gut wie nie in abstrakten Begriffen gepredigt hatte.

Liebe Leserinnen und Leser!

In den letzten Jahren haben unsere sommerlichen (kulturhistorischen Ausflüge, die Peter Soukup „vorgefahren” ist, in die grenznahen Regionen von Tschechien und der Slowakei geführt. Heuer ist -mit dieser Nummer (siehe Seite 12) beginnend - im Zwei-Wochen-Rhythmus einmal das Nachbarland Ungarn an der Reihe. „Tip & Trip” versteht sich als Einladung, Gemeinsamkeiten über Grenzen hinweg zu erfahren - im Doppelsinn des Wortes.

Da die Urlaubszeit jetzt ebenso die Reihen unserer Redaktion lichtet, macht auch das arbeitsintensive FURCHE-Dossier „Ferien”. Das nächste Dossier erscheint -pünktlich nach dem Ferienende in Ostösterreich - in der Nummer 36 vom 9. September 1993.

Ihnen wünschen wir viele bereichernde Urlaubseindrücke, vor allem aber gute Erholung. Und dazu auch einige Stunden der Muße: zum Lesen. DIE FURCHE

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