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Die Christen in Jerusalem

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Teddy Kollek war in Wien, von wo er 1936 nach Palästina gegangen ist, in einen Kibbuz am See Genesaret. Seit 15 Jahren ist er Bürgermeister von Jerusalem - jenes Jerusalem, das die Knesseth vor wenigen Monaten zur „ewigen und unteilbaren Hauptstadt Israels erklärt hat. Teddy Kollek war dagegen. Warum?

Nur einen Tag war Teddy Kollek in Wien; dreimal an diesem Tag wurde er von Freunden und von Gegnern mit dem Jerusalem-Gesetz konfrontiert: bei einer Pressekonferenz, bei einer Begegnung mit Vertretern der Kirchen, im „Club 2” des Fernsehens. Der Bürgermeister hält das Gesetz für unnötig, für überflüssig, für schädlich. Den Gesetzentwurf hat er so lange bekämpft, bis er einsehen mußte: Es gibt eine Mehrheit dafür. Dann ging er in den Parlamentsausschuß und setzte zwei Ergänzungen durch, zwei Verbesserungen - vor allem den Schutz der heiligen Stätten, den freien Zugang zu ihnen.

Keine Fortschritte hat Teddy Kolleks Plan gemacht, Jerusalems heilige Stätten dadurch zu „internationalisieren”, daß Israel ihnen den gleichen exterritorialen Status wie Botschaften gewährt. Ein Haupthindernis neben der islamischen Obstruktion: die gespaltene Christenheit, die Eifersüchteleien unter den Kirchen, die sich in den „Besitz” dieser Stätten teilen: „Wem sollen wir die Rechte übertragen?”

Einen (vorläufigen) Ausweg sähe Teddy Kollek darin, daß Israel den Sonderstatus einseitig durch Gesetz festlegte. Ob das ganz ohne Gegenleistung gehen wird? „Der Heilige Stuhl anerkennt uns nicht einmal...”

Seit der Bürgermeister ein vereintes Jerusalem verwaltet, ist der arabische Bevölkerungsanteil um 90 % gewachsen, der-jüdische um* 80 %, der christliche ist bestenfalls gleichgeblieben. Das macht ihm Sorgen. Seine christlichen Gesprächspartner waren nur für ein gemeinsames Schulprogramm zu gewinnen, nicht für Wohnbaukredite und gewerbliche Investitionen. „Die Christen in aller Welt müßten ihren Glaubensgenossen in Jerusalem helfen!”

Vieles ist sehr viel besser geworden in Jerusalem unter israelischer Verwaltung. „Das” Problem Jerusalem ist nicht gelöst - und ist auch in absehbarer Zeit nicht zu lösen.

Im nächtlichen „Club 2” mahnte Otto Schulmeister, eine Lösung zu finden, die „Jerusalem auch als einen geistigen Ort wiederherstellt”, nicht nur als eine Stadt, die man entwickeln und verwalten kann. War's ein Schuß auf Teddy Kollek? Dann war er in falsche Richtung gezielt: Lange schon hat in Wien kein Politiker mehr soviel Geist und Verständnis für Geistiges bewiesen wie der „Pragmatiker” aus Jerusalem.

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