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Die Communio läßt noch warten

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Dem geltenden katholischen Kirchenrecht wird bisweüen der Vorwurf gemacht, es trage zu einem erheblichen Teil Schuld an der derzeit beklagten Stagnierung der ökumenischen Beziehungen. Ein Aufweis des (rechtlichen) Ist-Standes zeigt indes, daß das die ökumenische Entwicklung der letzten Jahrzehnte kodifizierende kirchliche Gesetzbuch (Codex Iuris Canonici von 1983) doch auch entscheidende Verbesserungen im ökumenischen Klima gebracht hat.

Dies beginnt schon bei der Frage der Nomenklatur. Während das bisher geltende katholische Gesetzbuch aus dem Jahre 1917 von Katholiken und Akatholiken sprach, fehlt ein diesbezügliches Wort im Sprachschatz des Codex von 1983 zur Gänze. Nunmehr wird unterschieden zwischen Christen, die in voller (Glaubensbekenntnis, Sakramente, kirchliche Leitung) beziehungsweise nichtvoller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen. Von ökumenisch nicht zu unterschätzender Bedeutung ist ferner die ' Tatsache, daß der Codex von 1983 grundsätzlich nur mehr Geltung gegenüber den Katholiken beansprucht, während das frühere Gesetzbuch alle Getauften den Rechtsnormen der katholischen Kirche unterstellte.

Ein besonderer Stein des Anstoßes in den ökumenischen Beziehungen war jahrzehntelang die katholische Regelung bei konfessionell gemischten Ehen (Mischehen), wonach beide Ehewerber, der Katholik wie der Nichtkatho-lik, das Versprechen ablegen mußten, alle Kinder katholisch taufen und erziehen zu lassen. Der neue Codex verlangt nur mehr vom katholischen Teil ein Versprechen, nach Kräften alles zu tun, damit die Kinder katholisch getauft und erzogen werden. Von diesem Versprechen ist der nichtkatholische Teil zu unterrichten, er braucht aber selber kein solches Versprechen abzulegen.

Auch im Bereich der Sakramentengemeinschaft, insbesondere der eucharistischen Tischgemeinschaft, haben sich nicht unbedeutende Verbesserungen ergeben, die freilich—dies kann nicht übersehen werden—die noch nicht voll verwirklichte „communio“

schmerzlich zutage treten lassen. Hier zeigt sich auch deutlich das unterschiedliche Nahverhältnis der katholischen Kirche zu den nichtunierten orientalischen auf der einen und den aus der Reformation stammenden Kirchen auf der anderen Seite. So können die Orientalen in der katholischen Kirche zu den Sakramenten der Buße, der Krankensalbung und der Eucharistie zugelassen werden, wenn sie von sich aus darum bitten und in rechter Weise disponiert sind (c. 844 § 3).

Evangelischen Christen hingegen können diese Sakramente nur in Todesgefahr, oder wenn eine andere schwere Notlage dazu drängt, gespendet werden. Dies allerdings auch nur dann, wenn sie einen Spender der eigenen Gemeinschaft nicht aufsuchen können, von sich aus um die Sa-kramentenspendung bitten und bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekunden.

Diese unterschiedliche Behandlung — sie ist in der Tat ein drängendes ökumenisches Problem — hängt mit der bis zur Stunde noch nicht hinreichend aufgearbeiteten verschiedenen Auffassung von Inhalt und Funktion des geistlichen Amtes in den Kirchen ab. Während die katholische mit den genannten orientalischen Kirchen ein im wesentlichen übereinstimmendes Verständnis vom geistlichen Amt aufweist (insbesondere was das Weihesakrament betrifft), so unterscheiden sich demgegenüber die evangelischen Kirchen vor allem dadurch, daß sie kein durch Weihe übertragenes Amtspriestertum kennen.

ökumenisch Ungeduldige hüben wie drüben meinen freilich, der theoretischen Klärung dieser und anderer strittiger Fragen müsse die gelebte, praktizierte Sakramenten-, vor allem Abendmahlsgemeinschaft, vorausgehen und daraus würde sich eine Sogwirkung auch im Hinblick auf eine theoretische Klärung anstehender Probleme ergeben. Besonnenere hingegen warnen, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun.

Der Autor ist Ordinarius für Kirchenrecht an der Katholischen Fakultät der Universität Wien.

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