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Die Dämonen bannen!

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Am 20. Mai eröffnet Kardinal Franz König in den Festräumen des Wiener Erzbischöflichen • Palais am Ste- phansplatz eine erlesene Ausstellung von Werken moderner Kunst, die alle aus dem Besitz von Monsignore Otto Mauer stammen und die damit zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Die 90 Aquarelle und Zeichnungen sind aber nur ein Teil von über 2.000 Werken, die von 246 verschiedenen Künstlern stammen. Es handelt sich dabei in erster Linie um lebende Maler, Bildhauer und Graphiker, die der Galerie nächst St. Stephan verbunden waren und dem Kreis um Otto Mauer angehörten. Wie weit gespannt die Interessen dieses bedeutenden Theologen^ Initiators und Förderers moderner Kunst waren, zeigt ein Blick in das Künstlerverzeichnis der Kataloge.

Hier findet man neben den Malern der „Brücke“ und des deutschen Expressionismus wie Max Beckmann, Otto Dix, George Grosz, Max Liebermann und Lovis Corinth auch die Abstrakten aus Rußland, Wassily, Kan-, dinski, Alexej Jawlensky und Alexan-’ der Archipenko, ferner die Franzosen Henri de Toulouse-Lautrec, Edgar Degas, Georges Braque, Pablo Picasso und Georges Rouault, um nur einige bedeutende Namen zu nennen. Bezeichnende Ausnahmen jenseits des späten 19. Jahrhunderts sind Giovanni Bapt. Piranesi, Jalques Callot, Francisco de Goya und William Hogarth.

Zu den Großen aus Österreich, die gleichfalls vertreten sind, zählen Gustav Klimt, Egon Schiele und Oskar Kokoschka.

Es ist jedoch verständlich, daß die Klassiker der Moderne in dieser ehemaligen Privatsammlung vornehmlich durch Druckgraphiken belegt werden konnten. Die Originale stammen meist von den Zeitgenossen.

Die erste Ausstellung, die vom 22. Mai bis 21. Juni besichtigt werden kann, zeigt im ersten Raum einige Wegbereiter der modernen Kunst in Österreich. Man sieht zunächst Pastelle von Anton Faistauer, Aquarelle von Herbert Boeckl und Anton Kolig sowie eindrucksvolle Zeichnungen aus der 326 Blatt umfassenden Kubin- Sammlung.

Im zweiten Raum dominieren die Maler aus der Galerie nächst St. Stephan wie Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Markus Prachensky und Arnulf Rainer, ferner Walter Pichler, Maria Lassnigg und Oswald Oberhuber. Besonders hervorzuheben sind die Zeich nungen des Bildhauers Andreas Urteil, der von Otto Mauer entscheidend gefördert wurde. Aus dem Abstand von mehr als 20 Jahren wird man sich nun der Bedeutung dieses Künstlerkreises bewußt. Was heute internationale Anerkennung gefunden hat, war einst umstrittenes Experiment. Otto Mauer hatte mit Sicherheit entschieden, gehandelt und gefördert.

Gerade wegen dieser in die Zukunft gerichteten Bedeutung der Sammlung ist das Verdienst Prälat Karl Strobls, der dieses Erbe bewahrt hat, sehr hoch einzuschätzen.

Nach Klärung aller rechtlichen Voraussetzungen konnte Kardinal König den Otto-Mauer-Fonds gründen, der unter anderem auch einen jährlich zu vergebenden Kunstpreis in der Höhe von 100.000,- Schilling ausschreibt und für ein Werk der bildenden Kunst bestimmt ist, aber auch entsprechenden

Leistungen auf dem Gebiete der Literatur, Musik, Architektur oder Wissenschaft zuerkannt werden kann. Die fördernden Maßnahmen sollen ferner der Begegnung und Zusammenarbeit der katholischen Kirche mit verantwortlichen Persönlichkeiten und Gruppen aus kulturellen und künstlerischen Bereichen dienen.

Die Erwerbung und Präsentation der Otto-Mauer-Sammlung muß man in diesem größeren Zusammenhang se- •hen. Denn sowohl der Kunstpreis wie auch die Möglichkeit von weiteren Erwerbungen sind gegenwarts- und zukunftbezogen. Wenn der Otto-Mauer- Preis auch keinerlei kirchliche Thematik vorsieht, so hat er doch den Dialog von Kunst und Kirche zu intensivieren. Dies geschieht im Sinne Otto Mauers, der in der Auseinandersetzung mit der modernen Kunst ein pastorales Problem sah, einen Auftrag zur Mobilisie rung der charismatischen spirituellen Kräfte.

An dieses Bemühen aber möchte ich die Hoffnung knüpfen, daß solche Bestrebungen nicht zur Einbahn werden. Wenn die Kirche zur Kunst kommt, möge auch der Künstler ihr seinen Dienst nicht versagen und sich immer wieder neu von den gewaltigen Dimensionen der christlichen Heilslehre inspirieren lassen.

Er möge die Zeit mit all ihren Extremen nicht nur spiegeln, er soll auch, wie Otto Mauer es sagte, Dämonen bannen und - so möchte ich hinzufügen - wenn er es vermag, Wege weisen. Das Erbe Otto Mauers ist dann umso wertvoller, wenn es für den Christen Neues bewirkt. In diesem Sinne sind auch viele Bemühungen, die nun in Bewegung gebracht wurden, zu verstehen.

Der Autor ist Direktor des Erzbischöflichen Dom- und Diözesanmuseums in Wien.

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