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Die Familie - Mittelpunkt und Antrieb der Erneuerung der Gemeinschaft

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Am Dienstag der vergangenen Woche empfing Papst Paul VI. in Castel Gandolfo die Erzbischöfe und Bischöfe Österreichs anläßlich ihres heuer erstmals gemeinsam abgewickelten Besuches der Apostelgräber („Ad-Limina-Besuche“) in Audienz. Unter der Führung des Wiener Erzbischofs, Kardinal Franz König, überreichten der Salzburger Erzbischof Karl Berg, der Wiener Erzbischof-Koadjutor Franz Jachym sowie die Diözesanbischöfe Paul Rusch (Innsbruck), Josef Köstner (Gurk), Franz Zauner (Linz), Bruno Wechner (Feldkirch), Stefan Läszlö (Eisenstadt), Franz Zak (St. Pölten) und Jo hann Weber (Graz-Seckau) dem Heiligen Vater einen „Fünfjahresbericht über die gesellschaftliche Wirksamkeit der Kirche in Österreich“ (die „FURCHE“ berichtete). In seiner Ansprache an die österreichischen Bischöfe würdigte der Papst deren Haltung in der Auseinandersetzung um den Schutz des menschlichen Lebens. Eindrucksvoll unterstrich er die Sorge für Ehe und Familie als eine der wichtigsten Aufgaben der Seelsorge überhaupt. Die „FURCHE“ bringt als bisher einzige österreichische Zeitung den vollen Wortlaut der Papst-Ansprache an die österreichischen Diözesanbischöfe.

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Am Dienstag der vergangenen Woche empfing Papst Paul VI. in Castel Gandolfo die Erzbischöfe und Bischöfe Österreichs anläßlich ihres heuer erstmals gemeinsam abgewickelten Besuches der Apostelgräber („Ad-Limina-Besuche“) in Audienz. Unter der Führung des Wiener Erzbischofs, Kardinal Franz König, überreichten der Salzburger Erzbischof Karl Berg, der Wiener Erzbischof-Koadjutor Franz Jachym sowie die Diözesanbischöfe Paul Rusch (Innsbruck), Josef Köstner (Gurk), Franz Zauner (Linz), Bruno Wechner (Feldkirch), Stefan Läszlö (Eisenstadt), Franz Zak (St. Pölten) und Jo hann Weber (Graz-Seckau) dem Heiligen Vater einen „Fünfjahresbericht über die gesellschaftliche Wirksamkeit der Kirche in Österreich“ (die „FURCHE“ berichtete). In seiner Ansprache an die österreichischen Bischöfe würdigte der Papst deren Haltung in der Auseinandersetzung um den Schutz des menschlichen Lebens. Eindrucksvoll unterstrich er die Sorge für Ehe und Familie als eine der wichtigsten Aufgaben der Seelsorge überhaupt. Die „FURCHE“ bringt als bisher einzige österreichische Zeitung den vollen Wortlaut der Papst-Ansprache an die österreichischen Diözesanbischöfe.

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Ehrwürdige Brüder!

Wir grüßen Sie von ganzem Herzen, die Sie anläßlich Ihres „ad-Iimina“-Besuches ’ in gesegneter Gemeinschaft versammelt sind. Wir - grüßen auch in Ihnen, den Oberhirten der Diözesen von ganz Österreich - und durch Sie aus der Feme jene Brüder, die mit Ihnen im Bischofs- und Priesteramte wirken, die Angehörigen der religiösen Ordensgemeinschaften und schließlich alle Christgläubigen in Ihren Heimatdiözesen. Ihnen, ehrwürdiger Bruder (Kardinal König, Anm.d.Redaktion), aber danken wir in erster Linie für die so überaus ehrenvollen Worte, die Sie namens der anwesenden Bischöfe an uns gerichtet haben. Gerne nehmen wir diese Gelegenheit wahr, um Ihnen nochmals anläßlich Ihres Silbernen Bischofsjubiläums Glück zu wünschen. Unser Gebet gilt Ihrer fruchtbaren Arbeit im Bischofsamte, wie wii es bereits in unserem persönlichen Schreiben an Eure Eminenz zum Ausdruck gebracht haben.

Ehrwürdige Brüder!

Ihr „ad-limina“-Besuch zu den Gräbern der Apostel, verbunden mit der fünfjährigen Berichterstattung über die Kirche und das religiöse Leben Ihrer Diözesen bietet einen willkommenen und geeigneten Anlaß zur Besinnung auf Ihr Bischofsamt in der Kirche und in der Gesellschaft dieser Zeit, Um Ihr vollbrachtes Werk deutlicher zu beurteilen. Es ist dies die Gelegenheit, Vorstellungen zu hegen und Rat zu halten. Die Ursache für Erfolg und erreichte Ziele wissen wir vor allem in Gott, dem Geber aller guten Gaben, dem wir Dank sagen und den wir lobpreisen.

Wie Sie, ehrwürdiger Bruder, in der Begrüßung hervorgehoben haben und wir es genau aus Ihren Berichten wissen, zeigt das religiöse und kirchliche Leben heute in vielen Gegenden Ihres Gemeinwesens mancherlei Symptome einer sich verbreitenden Erneuerung, eines neuen Anfangs, der in sich viele Hoffnungen birgt, wiewohl nicht wenige Schwierigkeiten und Gėfahren ihm entgegenstehen. So erinnerten Sie an das erstarkende apostolische Wirken der Laien, an die allmählich anwachsende Zahl der Priester; und Ordensberufe, die mit der Wiedererweckung und Wertschätzung des Gebetslebens Hand in Hand gehen.

Diese trostvollen Zeichen sind einerseits die Frucht Ihres gemeinsamen unermüdlichen Eifers und des seelsorglichen Fleißes Ihrer Priester, anderseits jedoch auch des freudigen Einsatzes des Gottesvolkes in Ihren Diözesen, welches die Lehre und die Richtlinien des Zweiten Vatikanischen Konzils treu befolgt. Auch die synodalen Versammlungen Ihrer Diözesen, die sich jenem Themenkreis widmeten, gelten als leuchtendes Zeugnis für diese Wahrheit Gott der der Kirche unseres Jahrhunderts durch dieses Konzil ein außerordentliches Zeichen der Gnade gewährt hat möge nicht ablassen, mit unserer Ausdauer und unseren geduldigen Mühen jenes Geschenk seiner Gnade zum Heil der Menschen zu verbinden, damit sie volle Frucht erbringen.

Da nun in Ihrem Hirtenbereich die heilige Liturgie und die pastorale Arbeit erneuert, den Bedürfnissen der Gegenwart angepaßt und geordnet erscheinen, wendet die Kirche ihr hauptsächliches und erstrangiges Augenmerk jener Aufgabe zu, die der heutige Augenblick von ihr verlangt: Die Frohe Botschaft zu verkünden und den Glauben zu vermitteln. Evangelisation und Katechese stehen auch im Mittelpunkt der höchsten Synode der Bischöfe.

„Der Glaube kommt aus dem Hören“, sagt der Apostel Paulus, und so fragt er zugleich: „Wie aber sollen sie dem glauben, von dem sie nichts hörten? Wie aber sollen sie hören ohne Verkündigung?“ (Röm. 10,17; 14). So steht eine beherzte und unverdorbene Verkündigung des Glaubens ganz und gar in jenem Vorgang der Erneuerung nach dem Konzil, der .sich dabei auch eine Anpassung der Kirche an unser Zeitalter zum Ziel gesetzt hat. „Ob gelegen oder ungelegen“ (2 Tim 4,2), ist das unversehrte Wort Gottes auch in jener Gesellschaft von heute zu verkünden, in der ein Pluralismus in Blüte steht. Gottes heiliger Wille und Gottes Gesetz sind wieder in den Sinn und in das Bewußtsein der Menschen zurückzuführen, als oberste und ge-

heiligte Richtschnur des moralischen Handelns.

Gerade dies, ehrwürdige Brüder, haben Sie erst jüngst nüt festem Mut unternommen, als die unverletzliche Würde und der Schutz des menschlichen Lebens in Rede standen. Werden Sie nicht verzagt und getrübten Mutes ob der beklagenswerten Lage der Dinge! Je mehr nämlich heutzutage in Staat und Gesellschaft moralische Prinzipien und das Gesetz erster Ordnung, sittlich zu handeln, in Zweifel gezogen werden, um so kraftvoller und standhafter sei vor allem die Verkündigung des unversehrten Evangeliums Jesu Christi an die Gläubigen! Um so mehr ist ihre Formung und Bildung zu mündigen Christen vonnöten, die aus innerster Überzeugung den christlichen Glauben bekennen und auf dem Fundament dieses ihres Glaubens ihre Lebensführung begründen!

Damit dies sich vollziehe kommt der Ausfaltung des Glaubens und seiner

Erziehung vor allem in den Schulen und am allerstärksten in den Familien besonderer Stellenwert zu. Wir freuen uns in besonderer Weise, daß der Rat Ihrer Bischofskonferenz diesen Gedanken mit so großer Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt erwogen hat, ja daß Sie die Feier eines „Jahres der Familie“ in Aussicht stellten. Das Engagement für Ehe und Familie zählt heute zu den hervorragendsten Aufgaben jedweder lebensnahen Seelsorge; erblicken wir doch in der Familie nicht nur die Grundzelle der menschlichen

Gemeinschaft, sondern der Kirche selbst.

urecht bezeichnet das Zweite Jt Vatikanische Konzil die Familie als „Kirche im Hause“, in welcher „die Eltern durch Wort und Beispiel erste Verkünder des Glaubens an Ihren Kindern seien“. (Lumen Gentium, 11.) Verstehen wir die Familie als Quelle des gesamten religiösen Lebens der Menschen, so erwarten wir aus ihrer Gesundung und Festigung die wirksamsten Impulse zur Wiedererweckung und Erneuerung der Pfarrgemeinden wie der Diözesen, ja der ganzen universalen Kirche.

So zählt es zu den hervorrragend- sten Aufgaben des priesterlichen Dienstes in allen Bereichen, durch das lebendige Wort, durch Rat und Tat den Familien Hilfe und Beistand angedeihen zu lassen.

So gilt es im Schoße der Familien die Fülle der Güter aufzufinden und fruchtbar zu machen!

So gilt es auch den Familien, zu entdecken, in welcher Weise diese geistigen Güter vermehrt werden können.

Eine wahrhaft lebendige, christus- verbundene Familie entwickelt sich obendrein zu einer Familie der apostolischen Tat im Rahmen ihres jeweiligen, eigentümlichen täglichen Lebens. Solcher Familien bedarf hęute die

Kirche in der augenblicklichen Bedrängnis der Zeit, die hart und betrüblich allenthalben spürbar ist. Und solche Familien, so dokumentiert es das Konzil, reifen zu Pflegestätten, ?u „Seminaren … des Laienapostolats und auch der Priester- und Ordensberufe“. (Ad Gentes, 19.) Ein anderes Wort des Konzils spricht in ähnlicher Weise von den „Familien, die im Geiste des Glaubens, der Liebe und einer beseelten Frömmigkeit selbst zur ersten Pflegestätte“ der Kirche werden. (Op- tatam totius, 2.)

So erbitten wir also für Sie und die Mitarbeiter in der Reichgottesarbeit von ganzem Herzen Segen: damit der seelsorgliche Dienst an den Familien wachse und gedeihe in allen Ihren Diözesen, damit er reiche Frucht bringe, jene Frucht, nach der die Kirche gleichsam dürstend verlangt. Schließlich aber erflehen wir für Ihre bischöfliche Hirtensorge das Licht Gottes und seinen Gnadenbeistand. Als Unterpfand dieser himmlischen Gaben erteilen wir Ihnen aus vollem Herzen unseren besonderen Apostolischen Segeh: „Für Sie, für Ihre Brüder im Bischofsamte, für die Priester und Ordensleute, wie für alle Gläubigen in Ihren Diözesen - unter ihnen in besonderer Weise für die Kranken und alle Leidenden und Bedrängten …“

Die nicht autorisierte Übersetzung stammt von

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