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Die Folgen von Tschernobyl: Ukrainer fürchten sich vor der Mutation

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Heftige Kritik an den „Moskauer Lügen" über die Folgen des Atomreaktorunglücks von Tschernobyl am 26. April 1986 üben jetzt ukrainische Politiker.

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Heftige Kritik an den „Moskauer Lügen" über die Folgen des Atomreaktorunglücks von Tschernobyl am 26. April 1986 üben jetzt ukrainische Politiker.

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„Wir müssen uns fragen" - so der ukrainische Schriftsteller Volodymyr Javorivsky, Abgeordneter im Obersten Sowjet der UdSSR und Mitglied des Präsidiums des Obersten Sowjets der Ukraine - „ob wir in normalem Zustand sind oder ob wir wegen der Strahlung ein Volk von Mutanten werden - das ist keine Tragödie der Vergangenheit, sondern der Zukunft."

Bei einer Informationsreise westlicher Journalisten in das Katastrophengebiet aus Anlaß des fünften Jahrestages des GAUs von Tschernobyl entpuppte sich die Katastrophe auch als Propagandamittel jener, die sich für die Unabhängigkeit der Ukraine einsetzen. Tschernobyl und der folgende Umgang Moskaus mit der Katastrophe beziehungsweise die Informationspolitik der Zentrale stehen heute unter Beschuß der mächtigen „Union von

Tschernobyl", der auch der neue ukrai-nische Gesundheitsminister Yuri Spizhenko angehört. In Kiew wirft man Moskau völliges Verdrehen der Wahrheit vor, der Ton wird sogar so scharf, daß manche ein Tribunal „auch gegen Gorbatschow" fordern.

600.000 Menschen reinigen zur Zeit die verseuchte Zone. „Von diesen leben 150.000 in der Ukraine, aber nur 120.000 sind registriert - und die Statistiken der ersten Krankheitsfälle sind falsch", klagt Spizhenko. „Man hat die Diagnosen manipuliert und zum Beispiel Herz-Kreislaufstörungen angegeben oder durch Streß verursachte Krankheiten." Allein in der Ukraine wird von 2.000 Toten gesprochen. Insgesamt soll es schon 6.000 Tote aus den Reihen der halben Million „Freiwilliger" geben. Für die mitderDekontaminierung Beauftragten stand bisher nur ein einziges Diagnosezentrum zur Verfügung. Oft handelt es sich dabei um Soldaten aus weit entfernten Gebieten, die ohne ärztliche Untersuchung wieder nach Hause geschickt wurden, nachdem sie starker Strahlung ausgesetzt gewesen waren.

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