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Die Frau ihre Frau stellen lassen!
Als kürzlich in einer Diskussionsrunde behauptet wurde, die Kirche sei das Spiegelbild der jeweiligen Gesellschaft, habe ich nicht widersprochen. Ich hätte es aber tun müssen, weil dieseJJehaup-tung nicht grundsätzlich, nicht für alle Zeiten und nicht für alle Gesellschaften stimmt. Und schon gar nicht stimmt sie für die Frauenfrage, die in der Gesellschaft immerhin diskutiert wird, wenn das Ergebnis auch nur ein theoretisches bleibt und sogar Antitendenzen sich abzuzeichnen beginnen.
Denn seit dem „Jahr der Frau“, dessen Erfolg ein recht kläglicher blieb, wenn man von den dazu erfundenen Witzen absieht, findet die Frauenfrage in den Druckmedien z. B. kaum noch Raum. Zu einer kürzlich im Fernsehen ausgestrahlten „Club-2“-Sendung über „Frau und Beruf fand ich von 19 mir zur Verfügung stehenden Tageszeitungen eine einzige, die sich in ihrer TV-Kritik mit dieser Sendung beschäftigte. Und auch diese Kritik war negativ.
Man einigt sich also auch in der Gesellschaft langsam auf einen großen Topf, in dem die „Emanzen“ ihr eigenes Süppchen kochen sollen.
Und wie steht die Kirche zu dieser Frage? Abgesehen davon, daß Vokabeln wie „Frauenrechte“, „Frauenbefreiung“ oder gar „Gleichheit“ gar nicht in den kirchlichen Mund genommen werden - oder wenn, dann sind sie „negativ besetzt“, wie der Soziologe sich ausdrückt -, gibt es auch dort, wo nach kirchlichem Verständnis und Gesetz die Frau öffentliche Positionen einnehmen könnte, kaum eine Chance für sie.
Ich bin gar nicht so vermessen, von einer „katholi-
schen Frau Pfarrer“ zu sprechen. Ich meine Organisationen und Aufgabenbereiche, in denen Frauen ebensogut ihre Frau stellen könnten wie ein Mann den Mann.
Mit großer Verwunderung habe ich vernommen, daß der neue Vorsitzende des Katholischen Familienverbandes Österreichs wieder ein Mann ist. In einer Organisation also, die postuliert, daß das Herz der Familie die Frau sein soll! Zwischen Herz und Kopf ist eben der Unterschied zu groß. Kopf ist männüch.
Ein noch krasseres Beispiel: Von den rund 285 Pfarrgemeinderäten Kärntens haben nur vier (!) eine weibliche stellvertretende Vorsitzende, von 3500 Pfarr-
gemeinderatsmitgliedern sind lediglich 700 Frauen. Bekanntlich füllen aber mehrheitlich Frauen unsere Kirchen.
Einwände, wie der, daß es nicht genügend qualifizierte Frauen für diese Aufgaben gebe, haben keine Gültigkeit. Bei den Frauen wird die Qualifikation vor der Wahl geprüft, bei den Männern stellt
sie sich (vielleicht) erst hinterher ein.
Für mich als christlich glaubende Frau gibt es, wie so oft, auch zu diesem Problem nur eine Lösung: Zurück an die Wurzel meines Glaubens, zu dem, was Jesus uns verheißen hat! Zum Entwurf einer neuen Welt läßt er Paulus im Galater-brief 3, 28 einen entscheidenden Satz sagen:
„Jetzt gibt es keine Juden und keine Griechen mehr, keine Diener und keine Herren, auch nicht mehr Mann und Frau. Denn, verbunden mit Jesus Christus, seid ihr alle eins.“
Welche Hoffnung! Und welche gesellschaftliche Brisanz in einer Zeit und einer Gesellschaftsform, in der der fromme Jude morgens Gott dankte, daß er kein Ungläubiger, kein Sklave und keine Frau war.
Jesu Wort, die Unterschiede aufgehoben zu haben, gilt immer noch. Die christliche Kirche hat die Aufgabe, es zu verwirklichen. Die Welt menschlicher, nicht männlicher zu machen, sei ihr Ziel. Wenigstens sollte sie die Frauen im „Volk Gottes“ in diesen Bestrebungen unterstützen.
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