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Die Frau in den Religionen

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"Jungfrau, Mutter, Göttin?" -unter diesem Titel wurde unlängst im Wiener Funkhaus von Betroffenen über die Stellung der Frau in den Weltreligionen diskutiert

Die evangelische Theologin Su-sanne Heine erläuterte die christliche Lehre, daß der Mensch (Mann und Frau) in der Ebenbildlichkeit Gottes geschaffen wurde und für die Schöpfung verantwortungsfähig ist. Ungleichheit zwischen Mann und Frau entstehe aus dem Mißver-stehen der Offenbarungstexte und dort, wo neue Interessen entstehen. Zu Zeiten von Auf bruchsbewegun-gen wurden Frauen hoch geschätzt, weil sie stark gebraucht wurden. Sobald sich Hierarchien bildeten, traten Frauen wieder zurück.

Das Ziel des Buddhismus, das Nirwana, sei für Mann und Frau gleichermaßen erreichbar, sagte die buddhistische Nonne Ayya Khema. Das Männliche und Weibliche sollen nach Lehre des Buddhismus so geläutert werden, daß das eine das andere zur Vollkommenheit nicht mehr braucht.

Die Hindu-Frau Christina Kun-du erklärte, im Hinduismus seien Mann und Frau durch ihre unter-schiedlichen Aufgaben nicht gleich, doch immer "gleichwertig". Gott, der Eine, Formlose, könne viele Formen annehmen, männliche, weibliche, liebliche, schreckliche. Der Gesetzgeber der Hindus hat jedoch für Frauen ständige Abhängigkeit vorgesehen. Bei den Hindus haben Opferbereitschaft und Selbstver-leugnung der Frauen einen hohen Stellenwert. Ihre "Unterdrückung" empfinden Hindu-Frauen als mo-ralische Kraft und Überlegenheit.

Für die Schweizer Jüdin Marianne Wallach-Faller ist im Ref ormju-dentum die Frau gleichberechtigt -so gibt es heute rund 200 ordinierte Rabbinerinnen. Im orthodoxen Judentum hat die Frau bis ins Mittelalter viele ihrer Rechte im öffentlichen Bereich verloren, gleichzeitig aber ihre Stellung in der Familie gefestigt. Der jüdische Mann darf seine Frau weder schlagen noch vergewaltigen, die Frau darf Empfäng-nisverhütungsmittel nehmen und Abtreibungen vornehmen lassen.

Wie für den Islam die deutsche Universitätsdozentin Wiebke Walter ausführte, sieht der Koran die Vorherrschaft des Mannes als gott-gegeben und wirtschaftlich bedingt an. Im Kult ist die Frau nahezu gleichberechtigt, wenn auch ihre Menstruation einen "religiösen De-fekt" darstelle. Daß der Mann die stärkere Natur der Frau fürchtet und sich deshalb in Machtausübung flüchtet, verdeutlicht der Koran: "Wenn ihr fürchtet, daß Frauen sich auflehnen, dann ermahnt sie, mei-det sie im Ehebett und schlagt sie."

Fazit des Abends: In allen Reli-gionen tragen die Frauen nach wie vor die "schwerere Last der Welt".

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