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Die Gedemütigten hatten das Wort
Im Mittelpunkt des Geschehens standen die Frauen aus Nord und Süd, aus Ost und West. Sie hatten unter der Leitung des „Institute for Women's Global Leadership” durch zwei Jahre hindurch einen regelrechten, wenn auch friedlichen Feldzug für die Anerkennung von Frauenrechten als Menschenrechte geführt.
Im Mittelpunkt des Geschehens standen die Frauen aus Nord und Süd, aus Ost und West. Sie hatten unter der Leitung des „Institute for Women's Global Leadership” durch zwei Jahre hindurch einen regelrechten, wenn auch friedlichen Feldzug für die Anerkennung von Frauenrechten als Menschenrechte geführt.
Schon rein optisch prägten Frauengruppen, Frauenvereine, Frauenstände, Frauenmedien das Geschehen so sehr, daß kurzfristig sogar der Eindruck entstehen konnte, daß es sich um ein „reines” Frauentreffen handle.
Herz, Hirn und Zentrum dieser Veranstaltungen war der „Rights Place for Women”, der Treff- und Sammelpunkt der Frauengruppen, der von der österreichischen Arbeitsgruppe Frau-enrechte-Menschenrechte erfolgreich und kompetent ausgestattet und organisiert wurde. Höhepunkt der gesamten NGO Veranstaltungen war das Frauentribunal, bei dem an einzelnen Schicksalen von Frauen das himmelschreiende Unrecht dokumentiert wurde, das tagaus tagein großteils ungestraft an der Mehrheit der Weltbevölkerung begangen wird: von Regierungen, politischen Gruppen, Kirchen, Wirtschaftsunternehmen, Medien, und vor allem von „ganz normalen” Männern, Vätern, Ehemännern, Liebhabern.
Viele Stunden lang herrschte atemloses Schweigen in dem Saal, in dem vielfach gedemütigte und geschlagene Frauen ihre herzzerreißenden Erfahrungen ausbreiteten, daß sie zum Beispiel mit Benzin Übergossen und angezündet wurden, weil der Ehemann zu lange auf das Nachtmahl warten mußte; daß ein hochangesehener Stiefvater sie als kleines Mädchen jahrelang zum Geschlechtsverkehr zwang, um sie von einem angeblich tödlichen Tumor zu heilen; daß sie im Alter von zwölf Jahren in ein Bordell der Besatzungsmacht verschleppt worden waren; daß sie schon als Kinder in unmenschlicher Plackerei in Fabriken Gesundheit und Lebensglück einbüßten.
Weitere Höhepunkte des äußerst umfangreichen Veranstaltungsprogramms waren eine Vielzahl von Protestkundgebungen und Diskussionen bosnischer Frauen gegen Krieg, ethnische Säuberungen und Vergewaltigungen; zahlreiche Veranstaltungen zum Thema Sextourismus und Frauenhandel; die Bemühungen internationaler Juristinnen, die internationale Menschenrechtsgesetzgebung den Bedürfnissen der Frauen anzupassen und zahlreiche Seminare zum
Thema Frauen und Religion. Dieses ebenso intensive wie höchst kompetente Engagement führte dazu, daß der Abschnitt über den Schutz von Frauenrechten mit der Kernforderung nach einer eigenen internationalen Berichterstatterin über Menschenrechtsverletzungen an Frauen fast unverändert akzeptiert und daß die Anliegen der Frauen bei der offiziellen Konferenz äußerst ernst genommen wurden - entgegen den vorher gehegten Befürchtungen, daß einzelne, vor allem islamische Regierungen den „individuellen” Forderungen von
Frauen das Gewicht ihrer Traditionen und kulturellen Eigenheiten entgegensetzen würden.
Die Frauenanliegen waren aber, wie gesagt, nur ein Schwerpunkt; Aufsehen erregte ein Tag der Kinder, an dem kleine Vertreterinnen und Vertreter aus den verschiedensten Ländern in ergreifender Weise die Erwachsenen zur Rettung und zum Schutz ihres Lebensraums aufforderten, und der Kampf der Stammesgesellschaften und indigenen Völker gegen ökologische Zerstörung und politische Entrechtung. Ein Men-schenrechts-Festival am Wochenende, wo auch Frauen und indigene Völker in eigenen Zelten kulturell aktiv waren, beschwor in überzeugender Weise den Triumph der Menschenrechte mit Tänzen, Liedern und Theaterstücken und weckte vor allem in der jungen Bevölkerung Hoffnung und Begeisterungsfähigkeit.
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