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Die Gefahr der Kettenreaktion

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In Österreich beginnt nächste Woche ein Volksbegehren. Es wird von der überparteilichen und überkonfessionellen „Aktion Leben“ getragen und soll dem Nationalrat ein Bundesgesetz zum Schutz des menschlichen Lebens vorlegen. Es ist dies das vierte Volksbegehren in unserem Land nach den Volksbegehren für den Rundfunk, gegen das neunte Jahr der höheren Schulen und für die 40stündige Arbeitszeit; noch nie aber ging es um eine für das menschliche Zusammenleben so entscheidende Frage wie dieses Mal.

In der Welt unserer Tage ist das menschliche Leben auf vielfache Weise bedroht. Der äußere Anlaß für das Volksbegehren — das Abtreibungsproblem und die Einführung der Fristenregelung in Österreich — stellt zwar die im Augenblick aktuellste Bedrohung menschlichen Lebens in unserem Land dar, ist aber nur ein Zeichen für die allgemein zunehmende Geringschätzung des Lebens. Der Mensch der Wohlstandsgesellschaft beginnt im Streben nach immer mehr materiellem Glück, Selbstverwirklichung, Ungebunden-heit und Freiheit die Grenze zu überschreiten, nach der er diese Ziele hur zu Lasten der Lebensreehte anderer erreichen kann. Eine solche Entwicklung birgt für die Gesellschaft die Gefahr der Auslösung einer Kettenreaktion: Wenn unsere Gesellschaft heute nicht wieder das Leben als vorrangigen Wert anerkennt, wird die Indifferenz gegenüber dem Leben morgen jeden einzelnen und auch den Bestand der Gesellschaft bedrohen, weil der Schutz des menschlichen Lebens unteilbar ist.

Das Volksbegehren geht von der Überzeugung aus, daß derartige Entwicklungen nicht von einer Seite (etwa der strafrechtlichen) her allein beeinflußt werden können, sondern nur durch umfassende Bemühungen auf den verschiedensten Gebieten. In erster Linie muß bei den Ursachen angesetzt werden und eine durchgreifende Bewußtseinsbildung über das Wesen und den Wert des menschlichen Lebens erfolgen; außerdem müssen auch alle konkreten Maßnahmen gefördert werden,

Die UNO-City ist zu groß.

Falsch sollen die Angaben gewesen sein, die die Wiener UNO-Organisa* tionen UNIDO und IAEA gemacht haben. Damals, vor fünf Jahren.

Was nun?

Tatsache ist, daß in New York unter den Diplomaten kaum ein besonderes Interesse dafür besteht, nach Wien zu übersiedeln. Und schon gar nicht unter den Beamten der UNO-Organisationen in Genf.

Also wird man sich etwas Neues für die UNO-City einfallen lassen müssen. Etwa die Übersiedlung von Bundesministerien oder Dienststellen nach Floridsdorf?

Oder sollte man den sündteuren Büroraum vielleicht verkaufen oder abvermieten?

Der Steuerzahler hat ein Recht darauf, zu wissen, was geschieht. Notabene, da noch immer weitergebaut wird. 1 die den Schutz des menschlichen Lebens verstärken.

Seine Grundanliegen will der dem Volksbegehren zugrunde liegende Gesetzentwurf in folgenden Schwerpunkten verwirklichen:

• Dem allgemeinen Lebensschutz soll eine neue Verfassungsbestimmung dienen, die das Grundrecht jedes Menschen auf Leben von der Empfängnis an eindeutig garantiert. (Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat ja im Gegensatz zum deutschen Verfassungsgericht ausgesprochen, daß dieses Recht derzeit nur gegenüber Eingriffen staatlicher Organe geschützt ist.)

• Als erziehungspolitische Zielsetzung sollen zur Bewußtseinsbildung die österreichischen Schulen durch eine Ergänzung der Schulzielparagraphen den Auftrag erhalten, zur „Achtung des menschlichen Lebens in jeder Phase seiner Existenz“ zu erziehen.

Die letzten beiden Schwerpunkte gehen auf die Fragen der Abtreibung ein und, suchen eine Lösung im Sinne der Devise „Schützen und Helfen“:

• Zur Behebung von Notständen, die Anlaß zu Abtreibungen geben könnten, sind folgende positive Maßnahmen vorgesehen: a) Anhebung der Familienbeihilfen auf die Hälfte der durchschnittlichen Kinderunterhaltskosten; b) Gewährung einer Erziehungsbeihilfe an Frauen, die sich vorwiegend der Pflege und Erziehung ihrer Kinder widmen, für die Zeit des Kleinkindalters dieser Kinder (beide Leistungen sollen aus den Überschüssen des Familienlastenausgleichs-fonds finanziert werden); c) Anrechnung der Zeiten des Bezuges der Erziehungsbeihilfe als Ersatzzeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung ; d) Ausfallshaftung des Bundes gegenüber der Mutter für nichterfüllte Alimentationsverpflichtungen des Vaters für sein Kind.

• Ersetzung der Fristenregelung, die schwerwiegende Mängel hat: Durchbrechung des Lebensschutzes durch die uneingeschränkte Erlaubnis zur Tötung der Kinder im Mutterleib während der ersten drei Monate, keine Pflicht zum Aufsuchen einer Beratungsstelle, keine Pflicht zur Führung von Statistiken über die Abtreibungen. Die derzeit geltende Regelung soll durch eine Lösung ersetzt werden, die den Lebensschutz für die Ungeborenen aufrecht erhält (und damit auch die Mütter,- die ihr Kind behalten wollen, vor dem Druck ihrer an der Abtreibung interessierten Umgebung schützt), jedoch für schwerwiegende Konfliktfälle Straflosigkeit für Mutter und Arzt vorsieht. Voraussetzung für die Straflosigkeit ist die Beratung durch eine Beratungsstelle und die Durchführung der Abtreibung in einem öffentlichen Krankenhaus.

Das Volksbegehren kann nur Regelungen enthalten, für die der Bund zuständig ist. Gleichzeitig mit ihm wird die Aktion Leben Appelle auch an die Länder, Gemeinden und die großen gesellschaftlichen Gruppen richten, konkrete Maßnahmen in ihrer Zuständigkeit zur Bewußtseinsbildung und zum wirksamen Schutz wichtiger Lebensinteressen zu treffen.

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