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Die Großmacht in Hanoi

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Indochina ist wieder von schwelenden Krisenherden bedroht Jetzt ist es offenbar, daß die Siege nicht vom Kommunismus errungen worden sind, sondern von den kommunistischen Mächten. Die Gegensätze werden kaum mehr verschleiert. Nach den Jahrzehnten der blutigen Befreiungskriege schleicht sich in Indochina der Kalte Krieg zwischen den kommunistischen Großmächten ein. Wenn es nach Hanoi geht, sind es jetzt ihrer drei. Hanoi meldet seine Ansprüche auf die Hegemonie in der Region drastisch an. Peking stemmt sich mit aller Kraft gegen die Großmachtarobitionen des Nachbarn, hinter denen, es, Moskaus Einkreisungspolitik vermutet. Moskau und Hanoi erscheinen auch eng miteinander verbunden.

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Indochina ist wieder von schwelenden Krisenherden bedroht Jetzt ist es offenbar, daß die Siege nicht vom Kommunismus errungen worden sind, sondern von den kommunistischen Mächten. Die Gegensätze werden kaum mehr verschleiert. Nach den Jahrzehnten der blutigen Befreiungskriege schleicht sich in Indochina der Kalte Krieg zwischen den kommunistischen Großmächten ein. Wenn es nach Hanoi geht, sind es jetzt ihrer drei. Hanoi meldet seine Ansprüche auf die Hegemonie in der Region drastisch an. Peking stemmt sich mit aller Kraft gegen die Großmachtarobitionen des Nachbarn, hinter denen, es, Moskaus Einkreisungspolitik vermutet. Moskau und Hanoi erscheinen auch eng miteinander verbunden.

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Doch Ho Tschi Minhs Erben gehen weiter. Sie sind daran, Nordvietnam zum revolutionären Zentrum in Südostasien zu machen; sie sind unbefleckt vom Revisionismus der Sowjets und der territorialen Realpolitik der Chinesen. Die Schatten der Auseinandersetzung lagen schon über den letzten Jahren der Kämpfe in Indochina.

. Erst zeigte sich das Intrigenspiel um Ministerpräsident Prinz Siha-nouk von Kambodscha. Peking gab ihm, dem Flüchtling nach dem unglückseligen Putsch des Lon Nol, Asyl. Moskau verweigerte ihm daraufhin jedwede Anerkennung, wie sie Lon Nol vorbehaltslos fast bis zum letzten Augenblick seiner Herrschaft genoß. Vietnam und Vietkong ignorierten Sihanouk in Peking. In Kambodscha kam es zwischen den fremden und den bodenständigen Befreiern zu drei Kleinkriegen und zu unzähligen Geplänkeln. Die nordvietnamesische Armee wollte aus den Gebieten, die sie befreit hatte, nicht abziehen. Der Khmer Rouge mußte die Gebiete nun von den Nordvietnamesen „befreien“. Die alte Feindschaft zwischen Khmers und Vietnamesen war stärker als der revolutionäre Internationalismus und war überdies von den kommunistischen Mächten angeheizt. In Laos kämpften Vietnam und China um jeden Führer, jede Einheit und jede Stadt des Pateth Lao. Vietnam stellte die regulären Truppen, China die Gue-rilläführer.

Die Waage neigte sich schon vor dem Ende der Kämpfe überall auf die Seite der Nordvietnämesen, der Sowjets.

Nur Kambodscha hielt sich gegen die Militärmacht von Nordvietnam und gegen den politischen Druck der Sowjets. Dort hatte der Khmer Rouge die regulären Armeen aus Nordvietnam isoliert, der Krieg blieb ein

Khmer-Rouge-Krieg. Nach dem Sieg wurde die Hauptstadt entvölkert, die Städter mußten auf das Land hinaus ziehen. „Das Dorf überwindet die Stadt“, wie bei Maos Revolution.

Nachdem die Siege über die „Imperialisten“ errungen waren, begannen sofort die Geplänkel zwischen den Siegern. Wie immer, wenn es um Dogma und Häresie geht, bildeten Auseinandersetzungen um die reine Lehre den Anfang. Peking hatte 1968 die Intervention der UdSSR in der CSSR verurteilt. Jetzt kritisierten die chinesischen Kommunisten die „arrogante, sektiererische, massenfeindliche Haltung“ der KP Portugals und mit besonderem Haß die von den Sowjets so hoch gepriesene Diktatur in Indien. Hanoi sandte aber Gruß auf Gruß den portugiesischen Kommunisten und bejubelte, wie Moskau, die neue Diktatur und die Diktatorin Indiens. Kambodscha verhielt sich ruhig. Doch der Khmer Rouge sandte eine Spitzendelegation nach Peking. Die sprach eine deutliche Sprache, mit der Peking zufrieden war.

Schon geht es auch um Inseln, Grenzen, Einflußgebiete und Stützpunkte. Nordvietnamesische Truppen haben die umstrittenen Spratley-In-seln besetzt. Und China fürchtet jetzt, daß eine sowjetische Marinebasis in der Cham-Ranh-Bay die vietnamesisch-sowjetische Freundschaft besiegeln könnte.

Hanoi geht auch auf dem Gebiet der südostasiatischen Revolution in die Offensive über. Pekings Streben nach' Sicherheit und die Niederlagen der revolutionären Bewegungen in Südostasien haben die chinesischen Kommunisten zur Kollaboration mit den antikommunistischen Regierungen zur Preisgabe der kommunistischen Restbestände bewegt. Hier hat sich Hanoi schon vor drei Jahren eingeschaltet: eine revolutionäre Macht, die eine kommunistische Großmacht werden will — mit ganz Asien als Operationsgebiet.

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