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Die Herausforderung

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Hans Kelsen ist tot.

Mit ihm verliert Österreich nicht allein den Schöpfer seiner Verfassung, sondern auch den wohl bedeutendsten Juristen der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts.

Seit Jahrzehnten in den Vereinigten Staaten lebend, konnte Kelsen noch erkennen, daß die Bundesver-

fassung Österreichs zu innerem Ausgleich und innerer Befriedung des Landes beigetragen hat.

Vieles hat sich in dieser Verfassung als dauerhafter erwiesen, als es von Anfang an den Anschein hatte. Der mühsame Ausgleich zwischen Bundesländern und Bund, zwischen Parlament und Exekutive hat sich als eine Basis herausgestellt, die inneren Frieden und Stabilität garantiert, wenn die politischen Kräfte es nur wollen.

Kelsen hat — fernab aller fachjuristischen Auseinandersetzung um und über die Wiener rechtstheoretische Schule — gerade als Sozialde-

mokrat (der er ein Leben lang war) den Rechtsstaat und die Demokratie zu den wichtigsten Garanten für den modernen Nationalstaat gemacht.

Was immer uns heute als reformbedürftig und änderungsdringlich erscheint — Sinn und Auftrag der Verfassung bleiben gleich: den Staat als Gemeinschaft aller zu sehen — und ihn gerade deshalb dort zu begrenzen, zu beschneiden, zu fixieren, wo es um die Rechte des einzelnen geht. Es ist tröstlich, daß für Kelsens Schüler, ja bereits Enkel, diese Aufgabe stets aufs neue eine Herausforderung bleibt.

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