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DIE HOFFNUNG AUF VIELE BESUCHER

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In wenigen Wochen werden wieder zahlreiche Landesausstellungen ihre Tore öffnen. Die Themen reichen von „Familie. Ideal und Realität" (Schloß Riegersburg, Niederösterreich) über „Peter Rosegger und seine Zeit" (Waldheimat, Steiermark) bis zu „Bollwerk Forchtenstein" (Burgenland).

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In wenigen Wochen werden wieder zahlreiche Landesausstellungen ihre Tore öffnen. Die Themen reichen von „Familie. Ideal und Realität" (Schloß Riegersburg, Niederösterreich) über „Peter Rosegger und seine Zeit" (Waldheimat, Steiermark) bis zu „Bollwerk Forchtenstein" (Burgenland).

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Für die Veranstalter verbindet sich damit die Hoffnung auf zahlreiche Besucher, wenngleich die Besucherzahl keineswegs das einzige Merkmal zur Bewertung dieser Ereignisse darstellt. Eines ist aber den Veranstaltern wohl klar, nämlich daß es Kriterien gibt, um abzuschätzen, wie zugkräftig eine Landesausstellung sein könnte. Denn ein Rückblick auf die bisherigen Ausstellungen läßt Einschätzungen durchaus zu.

Man kann dabei bis ins Jahr 1964 zurückgehen, als in der Steiner Mino-ritenkirche - noch nicht als Landesausstellung - die große Schau über „Romanische Kunst in Österreich" abgehalten wurde. Sie brachte es auf 173.000 Besucher und eröffnete neue Dimensionen. Auch, weil es in ihrer Folge zur Gründung des Institutes für Mittelalterliche Realienkunde in Krems kam und damit etwas Bleibendes geschaffen wurde. Damit wurde aber auch ein Themenkreis angesprochen, der in der Folge große Massen bewegen konnte: Ausstellungen mit einem festumrissenen kunsthistorischen Thema. Zu „Gotik in Österreich" pilgerten bereits 187.300 Besucher (1967). Die Ausstellung „Renaissance in Österreich", 1974 auf der renovierten Schallaburg abgehalten, sprach 321.000 Menschen an, die 1988 im Stift St. Florian abgehaltene Ausstellung „Die Welt des Barock" zählte ungefähr 326.000 Besucher. Hier spielte aber auch der klösterliche Veranstaltungsort eine gewisse Rolle, worauf noch zurückgekommen wird. Tatsächlich waren auch 1965 200.000 Menschen hierher gekommen, um „Die Kunst der Donauschule 1490-1540" zu bewundern, ein zeitlich wohl eingegrenztes Thema. Ohne Zweifel wird bei Ausstellungen mit kunsthistorischen Themen auch die Schaulust befriedigt, die sich an seltenen Originalen ergötzen kann.

Und daß es durchaus legitim ist, in einer Ausstellung darauf abzuzielen, wird erkenntlich, wenn die Ausstellung „Hexen und Zauberer", auf der imponierenden Riegersburg abgehalten, 1987 mit 351.000 Besuchern die bisher meisten Personen bei allen steirischen Landesausstellungen anzog. Die Ausstellung hat freilich nur im Titel Schaulust provoziert und war ausgewogen gestaltet.

Ein weiterer Ausstellungstypus, der sich als besucherträchtig erwiesen hat, ist derjenige, der inhaltlich große historische Epochen umfaßt, wenn möglich im Zusammenhang mit großen Persönlichkeiten. So erreichte die 1980 im Stift Melk abgehaltene Großausstellung „Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II." 663.000 Besucher, ein absoluter Rekord! Zu „1.000 Jahre Babenberger in Österreich", 1976 in Lilienfeld, kamen 465.841. Weitere zugkräftige Themen, es ist kaum verwunderlich, waren „Prinz Eugen" in Schloßhof und „Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs" 1984 und 1987, in zwei Teilen auf Schloß Grafenegg. „Erzherzog Johann von Österreich" mobilisierte 1982 für Stainz 228.000 Besucher.

In diesem Zusammenhang kann durchaus auf große landesgeschichtliche Zusammenfassungen verwiesen werden, wenn 310.000 Menschen im Schloß Herberstein in der Oststeiermark „Steiermark. Brücke und Bollwerk" aufsuchten (1986) und 201.000 nach Wels kamen - obwohl sich Städte als Veranstaltungsorte allgemein nicht als besonders zugkräftig erwiesen - um „Tausend Jahre Oberösterreich" zu sehen. Historische Ausstellungen mögen sicherlich auch Schulen in besonderer Weise zu animieren.

Historische Themen von Gewicht können aber auch dann von Interesse sein, wenn sie sich landschaftlich einbinden lassen, zum Ausstellungsort besondere Bezüge aufweisen. Das war 1981 bei den „Kuenringern" der Fall, denen im Stift Zwettl rund 400.000 Besucher die Ehre gaben. Dasselbe läßt sich wohl auch über die Ausstellung „Das Mühlviertel" berichten (Weinberg bei Kefermarkt, 1988) mit ebenfalls fast 400.000 Interessenten, für „Arbeit-Mensch-Maschine" (386.000), 1987 im Wehrgraben in Steyr, für „Glas und Kohle" (Glashütte Bärnbach, 1988), das 308.000 Besucher anzog, auch für „Die Kelten" in Hallein 1980 mit 335.000 Gästen. „Erz und Eisen in der Grünen Mark" lockte 1984 immerhin 211.000 hinter den Präbichl nach Eisenerz.

Bevorzugt sind bei regionalgebundenen Ausstellungen freilich diejenigen Gebiete, und auch das ist den Veranstaltern bekannt, die bereits Rahmenprogramme mitanbieten, wo sich auch mit dem Nachmittag etwas anfangen läßt und wo man sich gut versorgen kann; seien es hier das nahe Weinland (Gamlitz 1990, „Weinkultur"), oder, wie bereits zu sehen war, Gebiete, die auch Urlaubslandschaften darstellen. In diesem Zusammenhang sind auch nochmals besondere, eigenständige Anziehungspunkte herauszustreichen, etwa Klöster, die Feste veranstalten, wenn sie ihre Schatzkammern öffnen. So ist es verständlich, daß 1977 bei der Schau „1.200 Jahre Kremsmünster" über 472.000 Besucher gezählt werden konnten, daß fast 300.000 1982 „St. Peter in Salzburg" aufsuchten und auch das Kärntner Stift St. Paul mit der Präsentation seiner Kunstschätze 1991 gut besucht war. Die Beispiele ließen sich auch hier mehren.

Ohne Zweifel hat es unter den nicht angeführten Ausstellungen viele von hervorragender Qualität gegeben, die auch sehr viele Menschen persönlich anzusprechen vermochten, und so gesehen sind die herausragenden Besucherzahlen nur für die Veranstalter bedeutsam. Freilich können diese Themen nicht nur danach auswählen. Oft gilt es, Regionen Impulse zu geben, zu investieren: Bei jeder Großausstellung war nachher mehr vorhanden als vorher, auch wenn der Erfolg im nachhinein manchmal von den Gemeinden unterschätzt wird. Sicher: Die Auswahlmöglichkeit ist sehr groß geworden. Kaum ein Bundesland hat noch nicht ausgestellt. Aber es ist zu hoffen, daß auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Menschen das „Erlebnis Landesausstellung" zumindest einmal wahrnehmen. Schließlich haben diese Ereignisse auch in einem medienverwöhnten Zeitalter ihren Stellenwert.

Der Autor ist Professor am Institut für Geschichte an der Karl-Franzens-Universität in Graz.

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