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Digital In Arbeit

Die intellektuellen Ressourcen lieben

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Nach den Jahresversammlungen der beiden größten farbstudentischen Verbände Österreichs gibt es neue Gesichter an den Verbandsspitzen. Und neue Arbeitsprogramme auch.

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Nach den Jahresversammlungen der beiden größten farbstudentischen Verbände Österreichs gibt es neue Gesichter an den Verbandsspitzen. Und neue Arbeitsprogramme auch.

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Zuletzt widmete die Linkspostille „Extrablatt” gleich sechs Seiten der „schwarzen Spinne” mit Namen CV, der „ideologischen Vorhut der ÖVP”. Auch die bürgerliche „Presse” fragte mehr besorgt als anerkennend: „Ist der CV wieder im Aufwind?”

Tatsächlich: Kaum ein anderer Verein in Österreich — einmal abgesehen von den Freimaurern — stand in der Vergangenheit derart im Zentrum wilder Spekulationen über Postenschacherei und Freunderlwirtschaft, unkontrollierte Machtausübung in Politik und Kirche wie eben der österreichische Cartellverband (ÖCV) -und das ist heute nicht viel anders.

Obwohl das Jahr 1970 und die Übernahme der Regierung durch die SPÖ zwölf Jahre danach noch immer zu beträchtlichen Irritationen in den Reihen des größten katholischen Studenten- und Akademikerverbandes führt. Denn immerhin darf der CV alle Bundeskanzler der Zweiten Republik zu seinen Mitgliedern zählen — mit Ausnahme von Bruno Kreisky.

Auch die unruhigen Jahre an den europäischen Universitäten Mitte der sechziger und Anfang der siebziger Jahre blieben nicht ohne nachhaltige Auswirkungen und Verunsicherungen vor allem im jungen CV. Viele zogen sich in die innere Emigration zurück, nur wenige stießen neu zum Verband.

Seit ein paar Jahren hat sich das Blatt aber gewendet. Die einzelnen Verbindungen führen kaum noch Klage über mangelnden Zulauf. Höchste Zeit auch, die intellektuellen Ressourcen des ÖCV wieder zu heben, zu einer geistigen und denkerischen Offensive anzutreten, wie der neue Präsident . des Studentenverbandes Bernhard Hainz erklärt.

Der promovierte Jurist und Betriebswirtschaftsstudent Hainz will in seiner einjährigen Funktionsperiode ein Komitee von rund 100 Vertretern des Cartellverban-des aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft unter dem Titel „Gesprächsforum CV” mit der Frage befassen, inwieweit der einzelne Staatsbürger von den großen Verbänden in seinem Entscheidungsspielraum eingeengt wird.

Der „Denk-Tank” soll, so Hainz weiter, „ein gewisses intellektuelles Defizit, das ich in den letzten Jahren bemerkt habe, beheben helfen”.

Positiv bewertet der seit 15. Juli „regierende” CV-Studentenprä-sident jene Strömungen im Verband, die — wie die Ablehnung diverser Maulkorberlässe, u. a. für die Verbandszeitschrift „Acade-mia” zeigt — „ohne Angst eine offene und tolerante Diskussion nicht scheuen, weil sie wissen, daß sich unsere in den vier Prinzipien festgeschriebenen Grundsätze immer durchsetzen” (Hainz).

Einen neuen Anlauf wollen die CV-Studenten auch in der Hochschulpolitik unternehmen. Angestrebt wird die Wiedervereinigung der derzeit zerstrittenen bürgerlichen Studentenfraktionen. Konkret soll schon bei den . ÖH-Wahlen im nächsten Jahr zumindest auf der Ebene der Studienrichtungsvertretungen eine Listengemeinschaft zwischen „Forum” und „ÖSU” installiert werden.

Weitere Schwerpunkte der Arbeit des neuen CV-Studentenprä-sidiums: intensive Teilnahme an der Vorbereitung und an der

Durchführung des Katholikentages im Herbst 1983 sowie die Be schäf tigung mit der Situation verfolgter Christen in Osteuropa.

Höhepunkt neben dem 50j ährigen Bestandsjubiläum des ÖCV und dem Katholikentag wird im nächsten Jahr auch der „Europäische Farbstudententag” in Wien sein.

Entscheidende Bedeutung kommt dabei auch dem Mittel-schülerkartellverband (MKV) zu.

Bei der diesjährigen Kartellversammlung in Hall/Tirol kam es zu größeren personellen Revirements an der Verbandsspitze des MKV. Helmut Wagner beerbte den langjährigen Kartellvorsitzenden Helmut Puchebner, AKH-Richter Paul Weiser wurde Altherrenvorsitzender, Christian Lang Chef der Jung-MKVer.

Stolz darf der MKV auf die Beschlußfassung der Schulgesetze sein. Denn nicht zuletzt die kontinuierliche Arbeit in der Schulpolitik hat den MKV zum „Matchgewinner” gegen Fred Sinowatz werden lassen.

Während die Zusammenarbeit zwischen MKV und ÖCV im großen und ganzen konfliktfrei verläuft, spießt es sich mit der Katholischen Jugend nach wie vor — nicht nur im Bundesjugendring.

Aber momentan haben beide Organisationen „die historische Chance, beim Versuch, eine gemeinsame katholische Jugendzeitschrift ins Leben zu rufen, endlich einmal an einem Strang zu ziehen”, wie ein MKV-Insider bekräftigt.

CV und MKV haben jedenfalls durch konsequente Arbeit ein Anrecht darauf, von den übrigen katholischen Jugendorganisationen ernst genommen zu werden.

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