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Die Jagd auf Fotorauber

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Geplant waren Bestseller. Das große Geschäft machten vorerst die Anwälte, die Verlage hingegen Verluste. Die Jagd auf „Fotoräuber“ hat nun landesweit eingesetzt.

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Geplant waren Bestseller. Das große Geschäft machten vorerst die Anwälte, die Verlage hingegen Verluste. Die Jagd auf „Fotoräuber“ hat nun landesweit eingesetzt.

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Sie sind immer und überall aktiv. Sie nehmen sich ungeniert, was sie brauchen, und bei vielen gilt diese Rechtsverletzung immer noch als Kavaliersdelikt: Die „Fotoräuber“ gehen um.

Daß so eine Vorgangsweise allerdings ins Auge beziehungsweise aufs Budget gehen kann,

mußte der Carl-Ueberreuter-Verlag erfahren. November letzten Jahres entdeckte der Pressefotograf Franz Hausner zufällig in der im Ueberreuter-Verlag erschienenen Franz-Vranitzky-Biogra-fie von Hans Rauscher ein von ihm verfertigtes, Foto.

„Ich seh' mein Foto“, schildert Hausner, „und keinen Namenshinweis auf mich. Ich bin vorher nicht gefragt worden und habe kein Honorar gesehen.“ Das Foto selbst stammt aus dem Wahlkampf 1986 und gelangte dann über eine Kopie, die nur für private Zwecke bestimmt war, zu Hans Rauscher.

Nachdem ihm der Verlag keine angemessene Abgeltung gewähren wollte, übergab Hausner seinen Fall dem Rechtsanwalt Georg Zanger: „Noch vor Einbringung der Klage war Hans Rauscher verständigt und hat zu erkennen gegeben, daß er gar nicht daran denkt, freiwillig irgend etwas zu ändern.“ Als dann die einstweilige Verfügung erging, hatte der Verlag angeblich bereits alle Bücher ausgeliefert.

„Urheberrechte sind verschuldensunabhängig und absolut“, dachte sich Zanger, „daher habe ich sämtliche Buchhändler in Osterreich angeschrieben und ihnen mit einer Klage gedroht.“ Daraufhin mußte der Ueberreuter-Verlag die gesamte erste Auflage einziehen, das Blatt mit Hausners Foto herausnehmen, eine zweite Auflage verfertigen und eine Entgegnung im „Kurier“ veröffentlichen.

Kaum war die zweite Auflage am Markt, erkannte der Pressefotograf Peter Hemis eines seiner Lichtbilder darin wieder und klagte ebenfalls. Da die Korrekturen dem Verlag bereits rund 250.000 Schilling gekostet hatten, Zeinigte man sich mit Hemis auf eine entsprechende Abgeltung und beglich das Anwaltshonorar in der Höhe von 120.000 Schilling.

Michael Grabner, der damals Zuständige beim Ueberreuter-Verlag und jetziges Vorstandsmitglied beim „Kurier“, sieht die Sache etwas anders: „Ich gebe zu, ich habe einen Fehler gemacht. Aber da wurde mit einer Brutalität Recht exekutiert, wie ich das selten im Buchhandel erlebt habe. Der Einsatz der Mittel steht meiner Meinung nach in keinem Verhältnis zum Ausmaß des Schadens.“ Alles in allem also ein enormes Verlustgeschäft für den Ueberreuter-Verlag.

Ähnlich verhielt es sich mit dem Titelfoto des Buches „Der Fall Lucona“ von Hans Pretterebner, das Udo Proksch zeigt. „Kurier“-Fotograf Kristian Bissuti, der Urheber des Fotos, verhinderte ebenfalls durch Klagsdrohungen an die rund 960 Buchhändler für einige Wochen den Verkauf des Buches. Das Foto stammt noch aus der Zeit vor Bissutis Anstellung beim „Kurier“ und wurde ohne sein Wissen vom „Kurier“-Archiv an Pretterebner weitergegeben.

Zanger zum Ausgang des Falles: „Dann mußte Herr Bissuti nachgeben, weil man ihm erklärt hat, wenn er nicht nachgibt, wird das Folgen für ihn haben. Man hat ihn zwar schadlos gehalten, aber verhindert, daß er seine Rechte durchsetzt.“

„Der Fall Lucona“ konnte mit Verzögerung in ursprünglicher Form erscheinen. Das Anwaltshonorar hat übrigens der „Kurier“-Verlag beglichen.

Das zentrale Problem ist die Frage, ob fix angestellte Fotografen bei nochmaliger Veröffentlichung extra honoriert werden müssen und wie man die Vergabe von Fotos kontrollieren kann. Auch bei den Verlagen ist man sich darüber nicht im klaren. Meist wird 50 Prozent vom üblichen Honorar gezahlt.

Allerdings gibt es für Fotografen keine Vertretung wie etwa die AKM für Künstler. „Es ist eine Verwertungsgesellschaft für PrintJournalisten geplant“, erklärt Michael Kress von der Journalistengewerkschaft, „es ist doch keinem Journalisten, und dazu zähle ich auch die Bildjournalisten, zuzumuten, daß sie alle Zeitungen und Zeitschriften durchblättern müssen.“

Aber nicht nur Verlage sind be-züglich Fotourheberrechten, die auf normale Lichtbilder 30 Jahre gelten, ins Fett- beziehungsweise Geld-Näpfchen getreten: Die „Südost-Tagespost“ sicherte der Steffen Ges. m. b. H. in einem Vertrag fixe Fotoaufträge zu. Der betreffende Bild-Journalist kaufte daraufhin teure Geräte und wurde dann plötzlich mit der Einstellung der Tageszeitung konfrontiert. Man erklärte sich nicht bereit, eine finanzielle Abgeltung zu leisten. Die „Südost-Tagespost“ hatte aber den Fehler begangen, über Jahre hindurch Fotos der Steffen Ges. m. b. H. ohne Namensnennung zu veröffentlichen.

Rechtsanwalt Fritz Weber klagte für seinen Mandanten auf 16 Millionen Schilling und konnte sich im außergerichtlichen Vergleich auf satte 10 Millionen einigen.

Die „Fotoräuber“ sind nach wie vor unterwegs. Derzeit sind etliche Fälle bei Gericht anhängig und in einigen bemüht man sich um außergerichtliche Einigung. Die bisherigen Urteile haben jedoch klar bewiesen: keine Chance für „Fotoräuber“.

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