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Die Kärntner Orientierung

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In Kärnten wird am 10. Okto- ber dieses Jahres die 70. Wieder- kehr des Tages jener Volksab- stimmung gefeiert, die den An- schluß Südkärntens an Jugo- slawien verhindert hat. Die Le- gitimität eines solchen Jubilä- ums steht für jeden echten Demo- kraten außer Frage. Das Stimm- verhalten eines Großteils der slo- wenischen Volksgruppe war 1920 für das Verbleiben des Ab- stimmungsgebietes bei Kärnten entscheidend. Dies ist an jedem 10. Oktober und besonders in einem Jubiläumsjahr gebührend zu bedenken und zu bedanken.

Nicht nur unzählige Touristen wissen um die einzigartige Schönheit des südlichsten Bun- deslandes Österreichs. Das Be- wußtsein der KärntnerBevölke- rung selbst ist geprägt von Freu- de am Land und vom Stolz dar- auf. Die Gefährdung der Grenze im Süden hat Patriotismus wachgerufen und eine bewaff- nete Auseinandersetzung erge- ben, die auch nicht wenige Men- schenleben gekostet hat. In der jetzigen Situation dominiert au- ßerhalb Kärntens ein gutes Pa- thos für das Öffnen von Grenzen gegenüber der Erinnerung an die Bewahrung von Grenzen unter großen Opfern. Nur der kann freilich auf Dauer Grenzen of- fenhalten, der seiner selbst ge- wiß und mit sich selbst versöhnt ist.

Das Kärntner Jubiläum 1990 stellt Kärnten und ganz Öster- reich die Frage, ob es die neuge- öffneten Grenzen zu vielen Nach- barn hin bleibend als Mitte, als Brücke verstehen kann, oder ob diese Grenzen wieder zu Zäu- nen, wenngleich ohne Minen und Stacheldraht, werden müssen. Die Grenze zum Nachbarland kann desto eher eine Brücke werden, je mehr soziale, kultu- relle und ethnische Grenzen im eigenen Land durchlässig sind.

Die Katholische Kirche Kärn- tens hat durch die Diözesansy- node 1972 erklärt, das Zusam- menleben von Deutschen und Slowenen in der gemeinsamen Kirche und im gemeinsamen Land sei nicht Last, sondern Chance zu einem Einander-Be- schenken. Diese Erklärung ist für die Kirche in Kärnten auch jeweils am 10. Oktober ein Fix- stern, an welchem sie sich orien- tieren will und an welchem sich alle anderen im Land orientie- ren sollten.

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