6937579-1983_14_31.jpg
Digital In Arbeit

Die Kizche ist missionazisch

Werbung
Werbung
Werbung

Die Menschheit steht in einer entscheidenden Situation. An der Schwelle des Mündigwerdens muß sie ihren Weg finden. Zwei Weltanschauungen stehen einander gegenüber und kämpfen um die Vorherrschaft. Auf der einen Seite ein liberaler Individualismus, in dem der Mensch nach seiner Leistung gemessen wird. Auf der anderen Seite ein kollektiver Sozialismus, in dem Funktionäre die Massen beherrschen. Dazwischen die Länder der Armen, deren Not immer größer wird.

Appelle helfen da nicht viel. Auch Massenveranstaltungen ändern noch nichts. Es genügt auch nicht, wenn einzelne sich ändern. Ebensowenig kann man mit Gewalt eine soziale Einstellung herbeiführen. Die Lösung kann nur darin liegen, daß Menschen beginnen, mitten in der Welt eine neue „alternative“ Gesellschaft zu bilden, die als Modell einer sozialen Ordnung dienen kann.

Genau diesen Auftrag hat die Kirche von Jesus erhalten: „Ihr seid das Salz der Erde…. Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben“ (Mt 5, 13 f). Sie soll die neue Familie sein, in der keiner über den anderen herrscht, sondern alle einander dienen. Darin besteht ihre Mission, ihre Sendung zu den Menschen. Damit wird sie „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (2. Vatikanisches Konzil, Konstitution über die Kirche).

Die Kraft dazu und die Hoffnung auf eine solche menschliche Zukunft schöpfen die Christen aus ihrem Glauben: aus dem Vertrauen, daß ihr Leben und die Gesellschaft nicht das Produkt eines blinden Zufalls sind, sondern Geschenk eines liebenden Gottes. Dieses Vertrauen befreit sie von dem Zwang, eigenmächtig dem Leben und den Beziehungen Sinn geben zu müssen und damit notwendig sich selbst der Nächste zu bleiben. Sie können einander Geschwister werden: „Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt“ (Joh 13,35). Die Kirche kann diese Sendung nur verwirklichen, wenn sie keine Massengesellschaft ist, sondern aus Gemeinschaften besteht, in denen diese aus dem Glauben kommende Liebe der Christen zueinander erfahren, eingeübt, gelebt und bezeugt werden kann. Deshalb bedeutet der Katholikentag auch einen Auftrag: Solche Gemeinden zu bilden, die vorrangiger Ort christlichen Lebens sind und sichtbar machen, daß die persönliche Liebe unter den Menschen nicht auf die na türliche Familie und Sympathiefreundschaft beschränkt ist. Je entschlossener wir diese Aufgabe in Angriff nehmen, desto stärker wird die Kirche auch in Österreich missionarisch wirken können.

DDr. Paul Weß ist Pfarrer in Wien

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung