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DIE KRISE IST UBERWUNDEN

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92.000 Einwohner, um 5.000 mehr als vor zehn Jahren, leben im westlichsten Bezirk Oberösterreichs - spürbar weit ab vom oberösterreichischen Zentralraum. 50 Kilometer gemeinsame Grenze mit Bayern und die Nähe zu Salzburg haben den Standortnachteil aber sicher wettgemacht. Die heimische Industrie und das Gewerbe mit ihren 15.000 Mitarbeitern tragen wesentlich zur Exportleistung bei. Auf der Basis 1987 exportierte der Bezirk über sieben Milliarden Schilling und kann sich an elfter Stelle im Österreich-Vergleich der politischen Bezirke sehen lassen.

Inzwischen haben verschiedene Unternehmen ihren Export ausgebaut beziehungsweise sind erst in die bedeutendere Produktion eingestiegen. Attraktive Betriebsgründungen bestätigen die Region als interessanten Standort. Es besteht volle Kapazitätsauslastung. Mit vier Prozent Arbeitslosenrate (Stand September 1992) herrscht Vollbeschäftigung. Schlosser, Tischler, Elektriker, (Kfz)-Mechaniker und viele andere Branchen sind „ausverkauft".

Die Stadt Salzburg hat sich entschlossen, nicht mehr zu wachsen. Betriebsansiedlungen werden künftig nur mehr beschränkt möglich sein. Hohe Grundstückspreise und eine teure Infrastruktur tragen ein weiteres bei. Die Empfehlung an Betriebsgründer, von Salzburg nach Süden auszuweichen, ist weniger attraktiv als jene, sich in Richtung Nordosten in den Bezirk Braunau niederzulassen. Der Flachgau wird nach den Studien des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) jene Gegend sein, die in Österreich in den nächsten 15 Jahren das höchste Bevölkerungswachstum aufweisen wird. Für einen Betriebsstandort in Braunau spricht weiters, daß die Autobahn A94/B12 München -Simbach 1995 fertig sein soll. 110 Kilometer leistungsfähige Straßenverbindung werden den Münchner Zentralraum mit dem neuen Flughafen Ering einerseits, mit Braunau und dem Chemiedreieck andererseits verbinden.

Mit 1993 werden die Ländergrenzen in der EG fallen. Auch die Grenze zwischen Österreich und Bayern wird durch die Mitgliedschaft Österreichs am europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ihre jetzige Aufgabe verlieren. Insbesondere die Handwerksbetriebe wie Installateure, Bau- und Zimmermeister, Maler, Elektriker und so weiter werden den Kundenkreis auf den bayerischen Raum ausweiten können, wissend, daß auch die bayerischen Betriebe die neue Chance nützen werden. Die bereits starke Verflechtung des Bezirkes Braunau mit dem bayerischen Grenzgebiet -derzeit pendeln 3.800 Arbeitnehmer nach Bayern - wird sich durch die freie Arbeitsplatzwahl ohne Arbeitsbewilligung noch intensivieren.

Insgesamt werden sich im EWR und in der EG die Gebiete und Regionen nicht mehr nach ihren Bundes- und Landesgrenzen entwickeln, sondern nach ihren natürlichen, geographischen kulturellen und gemeinsamen wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die große Chance für den Bezirk und das Innviertel besteht darin, sich in eine neue gemeinsame Region „Salzburg - München - Regensburg - Innviertel" einzugliedern als eine Region im Europa der Regionen. Die EG fördert die Entwicklung solcher auch grenzüberschreitender Regionen und unterstützt Projekte nach dem 1993 überarbeiteten Interreg-Programm. Hier sind die Weichen gestellt mit der grenzüberschreitenden „Inn-Eure-gio".

Auch „Eureco", die Vereinigung österreichischer Wirtschaf tsförderungsinstitute, kommt zum Schluß, daß von den 170 europäischen Regionen und Städten Süddeutschland bis Norditalien mit den dazwischenliegenden und angrenzenden österreichischen Gebieten als der sogenannte „Alpine Bogen" durch die zunehmende wirtschaftliche Integration und aufgrund seiner geographischen Lage besonders begünstigt sein wird.

Der Autor ist Bezirksstellenleiter der Handelskammer Braunau.

STRATEGISCHE VORTEILE

Ein Großkonzern nützt seine Chance Von Franz-Xaver Otto

Oberösterreichs Wirtschaft ist besonders vielschichtig ausgeprägt und unterscheidet sich damit deutlich von anderen Bundesländern. Die Industrie dominiert sehr stark, ob mit Papier, Zellstoff, Eisen und Stahl oder Metall. Genauso stark präsentieren sich aber auch Gewerbe und Mittelstand.

Der große Vorteil dieser Vielschichtigkeit hat sich besonders in Krisenzeiten immer positiv ausgewirkt. Gab es in einigen Branchen Probleme, konnten andere Branchen, denen es besser ging, dies wettmachen. Jetzt merkt man allerdings auch hier, daß das Wirtschaftsklima rauher wird, wobei speziell die Exportindustrie über deutliche Rückgänge klagt.

Siemens, als Komplettanbieter in der Elektrotechnik und Elektronik, hat von dieser Vielschichtigkeit deroberösterreichischen Wirtschaftslandschaft immer profitiert. Siemens Oberösterreich ist die größte österreichische Niederlassung außerhalb Wiens. Zählt man auch die Tochterfirmen hinzu, gibt es im Bundesland über 700 Mitarbeiter.

Allein im Neubau in der Wolfgang-Pauli-Straße, wo fünf Linzer Standorte unter einem Dach vereint wurden, arbeiten 500 Menschen. Mit über 1,5 Milliarden Schilling konnte Siemens Oberösterreich im Geschäftsjahr 1990/ 91 einen neuen Umsatzrekord erzielen, der bei Einbeziehung der Töchter 2,2 Milliarden übersteigt.

Auf der Nachfrageseite tragen Linzer Kunden wesentlich zur Umsatzspitzenposition von Siemens Oberösterreich bei. So betreibt etwa die VOEST Alpine Stahl Linz GesmbH eine der europaweit größten Hicom-Telefonanlagen. Für den Neubau des Allgemeinen

Krankenhauses Linz und für das Zentralröntgeninstitut im Landeskrankenhaus Steyr wurden hochmoderne Computer- und Kernspintomographen geliefert oder sind in Auftrag.

In der jüngsten Vergangenheit konnten gerade auf dem Gebiet der Energieerzeugung sehr erfreuliche Geschäftserfolge verzeichnet werden. Aber auch in der Medizintechnik steigerte sich der Auftragseingang im vergangenen Geschäftsjahr um über 20 Prozent. Ein Beweis, daß trotz Wolken am Konjunkturhimmel kein Anlaß zu Pessimismus gegeben ist.

Größte Telefonanlagen

Siemens Oberösterreich ist heuer 90 Jahre alt geworden. Es begann im Jahre 1902 - in Wien regierte Kaiser Franz Joseph, der Jugendstil erreichte gerade seinen Höhepunkt - als Siemens erstmals ein Technisches Büro für Starkstromtechnik in Oberösterreich gründete. Rasch entwickelte sich rege Geschäftstätigkeit. In Steyr, St. Wolfgang, Königswiesen, Schwarzensee und Munderfing wurden fünf elektrische Ortszentralen errichtet. Bis 1924 folgten weitere 17 Anlagen. 1925 eröffnete dann Siemens das erste ober-österreichische Büro für Schwachstromtechnik und 1927 ein weiteres für Elektromedizin. 1946 wurde schließlich die Abteilung Bautechnik in Linz gegründet, die sich mit der bautechnischen Planung und Projektabwicklung von Wasserkraftanlagen, kalorischen Kraftwerken, Verkehrsbauten sowie von Hoch- und Industriebauten weit über Österreich hinaus einen hervorragenden Namen gemacht hat.

Der Autor ist Direktor der Siemens AG Oberösterreich.

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