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Die Laien Afrikas sind im Aufbruch

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Die jüngst erst abgeschlossene zweite Reise des Papstes nach Afrika wird in manchem Katholiken die Frage aufwerfen, warum der schwarze Kontinent derartiges Interesse im Vatikan findet. Die Kirche in diesem Erdteil löst häufig noch die Assoziation eines Missionsgebietes aus, in dem opferbereite weiße Priester und Nonnen krausköpfigen kleinen Neger lein vom Jesukind erzählen. Kein Eindruck wäre falscher als dieser.

Glaubensverkündigung in selbständigen, nationalstolzen Ländern muß sich auch auf die Realisierung der Prinzipien des Glaubens in der jeweiligen Gesellschaft erstrecken. Daher hat der Päpstliche Laienrat, dem der frühere Nuntius in Österreich,Kardinal Rossi, vorsteht, sein drittes Regionaltreffen (1979 in Bogota, 1981 in St. Gabriel/Nö) in Yaounde/Kamerun im Jänner 1982 unter die Thematik der Berufung der Laien unter besonderer Berücksichtigung ihres Einflusses auf die Gesellschaft gestellt.

21 Bischöfe, 13 Priester, 76 Laien aus 31 afrikanischen Staaten und 21 Vertreter verschiedener laienapostolischer Bewegungen waren der Einladung in das große Priesterseminar Nkol Bisson gefolgt.

Die harte afrikanische Wirklichkeit erfuhren viele Teilnehmer schon bei der Anreise: die Vertreter Südafrikas, die über einen großen Umweg anreisen mußten, weil es aus politischen Gründen keine direkte Anreise gibt, der Laienvertreter aus Uganda, der am Weg zum Flugplatz aus unerfindlichen Gründen fast erschlagen worden wäre, öffentliche Bedienstete aus einem zentralafrikanischen Staat, die seit zwei Jahren kein Gehalt mehr gesehen haben, Tagungsteilnehmer, die verspätet kamen, weil sie nicht genug Trinkgeld hatten, um trotz Ticket in die gebuchte Maschine gelassen zu werden. Ghana hatte gerade einen neuerlichen Putsch, der jede Ausreise unterband: so wurde der Generalsekretär der Afrikanischen Bischofskonferenz am Kommen gehindert.

Trotz aller Schwierigkeiten: Ich habe selten eine Tagung in so ungezwungener, ja fröhlicher Atmosphäre erlebt. Die afrikanische Kirche hat erkannt, daß sie nicht mehr wie in den Tagen nach der Befreiung der Kolonien bloß national sein muß, sich aber sonst nicht um die Politik kümmern brauche. Auf dem Weg über ihre herausragende Stellung im Schulwesen hat sie weit über ihren Bevölkerungsanteil hinaus Katholiken in leitende Positionen in Staat und Wirtschaft gebracht. Um diese Menschen will man sich in Hinkunft besonders kümmern.

Die Krankheiten der afrikanischen Gesellschaft, besonders Armut, Ungerechtigkeit, Korruption und den Abbau der traditionellen moralischen Wertvorstellungen, glaubt man am besten mit aufrechten Christen in den verantwortlichen Positionen bekämpfen zu können. Industrialisierung und Urbanisierung bewirken in rasch steigendem Ausmaß Wohnungsprobleme und

Nahrungsmittelknappheiten (über klimatisch bedingte Mißernten hinaus).

Die afrikanische Kirche will die Arbeiter nicht an irgendwelche Ideologien verlieren, daher forderte ein Arbeitskreis der Konferenz ein aktives Engagement für eine die Interessen der Arbeiter besser berücksichtigende Gesellschaftsordnung. Eine weitere Arbeitsgruppe verlangte eine stärkere Beachtung des ländlichen Raumes. Vor allem die jungen Leute und die besten Männer verlassen die Dörfer, die Situation am Land verschlechtert sich, vor allem für die Frauen. Die Hauptsorge gilt jedoch der Jugend in allen Bereichen: 60 % der afrikanischen Bevölkerung sind unter 25 Jahren, der Großteil davon arbeitslos oder unterbeschäftigt.

„Wenn wir nicht für eine bessere Gesellschaft mitsorgen, dann tun es andere für uns, aber nicht in unserem Sinne": Die Entdeckung der gesellschaftlichen Dimension des Laienapostolates und damit im Zusammenhang die intensivierte Verbreitung der katholischen Soziallehre gehen Hand in Hand mit der Erkenntnis, daß mit den bisher forcierten Basisgemeinschaften allein nicht das Auslangen gefunden wird.

Die Konferenz unterstrich daher die Notwendigkeit, die Laien nicht bloß auszubilden, sondern auch zu organisieren. In allen Staaten, in denen die Kirche wirklich präsent ist, sollten sich verstärkt katholische Vereinigungen bilden (vor allem die Frauenbewegungen florieren schon heute), die ihrerseits wieder in nationalen Räten zusammenarbeiten sollten (Katholische Aktion!).

Die Kirche in Afrika ist nicht nur mit politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert, sie muß auch mit bestimmten moralischen Phänomenen fertig werden. Die Vielehe nimmt eher zu als ab. Nicht nur die sogenannten Wanderarbeiter haben zwei Familien (zu Hause und an der Arbeitsstätte), die bessergestellten Männer betrachten die Vielweiberei geradezu als Statussymbol.

Die Ehelosigkeit der Priester wird von den afrikanischen Menschen nicht verstanden und kaum akzeptiert. Der rasch wachsende Fremdenverkehr bringt zusätzlich Probleme, vor allem eine rasche Zunahme der Prostitution. Die Kirche entwickelt und versteht sich mehr und mehr als Gewissen auch in der afrikanischen Gesellschaft. Die Arbeit der Laien wird durch die Betonung des allgemeinen Priestertums unterstrichen.

Der Autor ist Leiter der rechts- und gewerbepolitischen Abteilung der Bundeswirtschaftskammer und Vorsitzender der Kath. Männerbewegung Österreichs.

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