Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Die Lehren der Pleiten
Immer häufiger beschäftigt sich die aktuelle Berichterstattung in den Medien, außerhalb der speziellen Wirtschaftsseiten, mit Wirtschaftsunternehmungen. Nur ist dieser Umstand nicht als positives Ergebnis gekonnter PR-Kon-zeptionen zu sehen, sondern als Ausfluß einer zunehmend kritischeren Haltung gegenüber dem Unternehmensmanagement. Daß bei pauschalen Grundtendenzen das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird, mag dabei von den betroffenen Managern als ungerecht empfunden werden.
Der geringe Stellenwert der Unternehmensführung in der öf f ent-
Ijchen Meinung resultiert aus mehreren Faktoren: Geschürt durch die allgemeine Neidgenossenschaft bestehen Zweifel, ob die Leistungen der Manager deren Entlohnung entspricht. Solcherart vorgebrachte Feststellungen werden dadurch objektiviert, daß im Falle zahlreicher Funktions-kumulierungen — insbesondere bei Aufsichtsratspositionen — die Intensität der jeweiligen Tätigkeitsverrichtung durch einfache Rechenexempel widerlegbar erscheint.
Ein weiterer Punkt kann im Kundenverhalten von Unternehmungen gesehen werden, welche den Preis für die von ihnen erbrachten Leistungen aufgrund monopolistischer Strukturen festlegen können. Das Gefühl des Konsumenten, daß er bei derartigen Preisfestsetzungen mehr bezahlt als ihm lieb und wert ist, ist weit verbreitet.
Ein Anlaß für das allgemeine Unbehagen den Managern gegenüber resultiert aus den größeren Unternehmenszusammenbrüchen in der letzten Zeit. Auch wenn diese im wesentlichen direkt oder indirekt durch öffentliche Subventionen bereinigt bzw. kaschiert werden, so spricht sich doch herum, daß auch diese öffentlichen Mittel nicht das Privatvermögen der verteilenden Politiker sind, sondern von jedem Steuerzahler bereitgestellt werden.
Hier soll die Frage nach der Schuld der Manager nicht im Sinne einer juristischen Verantwortung gestellt werden. Hier soll gefragt werden, ob nicht die ethische Verantwortung des Managers zu Handlungen und vor allem Haltungen zwingt, die nicht nur in den Grenzlinien strafrechtlicher Verantwortung und zivilrechtlicher Haftung zu messen sind.
Vielleicht liegt im eigenen Rollenbewußtsein des Managers der wesentliche Ausgangspunkt für das gespannte Verhältnis zur öffentlichen Meinung. In diesem Rollenverständnis sollte weniger das persönliche Karriere- und
Machtstreben im Vordergrund stehen, als vielmehr das Bewußtsein der sozialen Verantwortung.
Gerade dieses Verantwortungsbewußtsein auch der Allgemeinheit gegenüber und nicht nur der eigenen Belegschaft und den Eigentümern gegenüber fehlt heute in vielen Fällen bzw. zeigt sich nur ungenügend entwickelt. Beispiele eines Nichtbeachtens von geänderten Wertvorstellungen des sozialen Umfeldes haben in letzter Zeit unrühmliche Berühmtheit erlangt, wobei der Einfachheit halber soziales Umfeld mit Umwelt gleichgesetzt werden kann.
Was aber wäre in der Unternehmensführung verstärkt zu berücksichtigen? Ausgang der Überlegungen ist die Annahme, daß Fehleinschätzungen der öffentlichen Meinung früher oder später auch im betriebswirtschaftlichen Ergebnis ihren Niederschlag finden. Eine Veränderung des Images der Unternehmensführung wird dann zu erwarten sein, wenn in vermehrtem Maße auf die Wertungen des sozialen Umfeldes bei betrieblichen Entscheidungen Bedacht genommen wird. Dabei muß sich der Manager vergegenwärtigen, daß Pleiten auch eine Verschwendung allgemeiner Ressourcen bedeuten.
Ein weiterer Aspekt der generellen Aussage ist darin zu sehen, daß im Produktangebot auf den Wertungswandel in der Bevölkerung Bedacht zu nehmen ist. Dabei bezieht sich die Bedachtnah-me nicht nur auf die Frage, welche Produkte anzubieten sind, sondern auch auf die Art der Produkterstellung, wobei letzteres sowohl Aspekte der Umweltbelastung als auch einer sparsamen Produktionsweise bzw. effizienter Leistungserstellung beinhaltet.
Im Hinblick auf die letztlich betriebswirtschaftlichen Konsequenzen erscheint es angebracht, den Manager stärker als bisher an die von ihm geführte Unternehmung zu binden. Die unserer realen Wirtschaftsstruktur vielfach fehlende Eigentümerrolle müßte verstärkt von der Unternehmungsführung wahrgenommen werden.
Ein Weg dazu könnte darin bestehen, daß ein Teil der Entlohnung des Managers investiv mit dem von ihm geführten Unternehmen gebunden wird. Damit würde sicherlich die Motivation, Unternehmen ertragsbringend und zukunftsorientiert zu führen, durch den vorhandenen materiellen Druck verstärkt werden.
Gleichzeitig ist zu erwarten, daß wesentlich sensibler auf Markttendenzen und allgemeine Wertungsänderungen eingegangen würde, da die Gefahr einer Fehleinschätzung nicht nur zu öffentlicher Kritik führen, sondern unmittelbar Vermögensnachteile nach sich ziehen würde.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!