6861540-1977_39_04.jpg
Digital In Arbeit

Die Luocussteuer als Jugendsteuer

Werbung
Werbung
Werbung

Am 19. und 20. September fand auf dem Kahlenberg eine Regierungsklausur statt, die sich mit der aktuellen budget- und wirtschaftspolitischen Situation Österreichs beschäftigte. Doch soweit man vom Kahlenberg aus auch den internationalen Konjunkturhorizont absuchte, es zeigte sich kein Entsatzheer, kein Konjunkturaufschwung. Daher muß die vom Budget- und Zahlungsbilanzdefizit belagerte Regierung Kreisky nun selbst die notwendigen Sanierungsmaßnahmen zur Behebung der selbstverschuldeten Krise in Angriff nehmen.

Der Bundeskanzler, der die Entwicklung schon vor einigen Jahren, etwa 1973 und 1974, sehr genau vorher gesehen haben will, konnte leider weder die 1400 Experten seiner Partei noch die Regierungsmitglieder von der Richtigkeit seiner Wirtschaftsprognosen rechtzeitig überzeugen.

Daher benötigt die Regierung jetzt noch weitere 14 Tage und eine zusätzliche Kommission, um alle die Maßnahmen gründlich zu beraten, die man eigentlich schon im Frühjahr 1977 hätte beschließen müssen, wenn man die Entwicklung immer schon so klar und richtig beurteilte, wie man jetzt behauptet.

Einzig relevant scheint aber zu sein, daß die Regierungspartei die schon beschlossenen Maßnahmen nicht vor den Landtagswahlen im Burgenland bekanntgeben will.

Da der Kreis der Wissenden schon sehr groß ist, werden von Tag zu Tag mehr Details der bevorstehenden Sa- nierungssteuem bekannt. Beim Erfinden von Steuern ist diese Regierung immer phantasiebegabt, leider nicht beim Erfinden von Einsparungsmaßnahmen.

Ein Beispiel für diesen Phantasiereichtum ist die Autosondersteuer. Ursprünglich mit 10 Prozent für alle Neuwagenkäufe geplant, hat sie sich jetzt in eine Luxussteuer gewandelt und ist im Zuge dieser Umwandlung gleich auf 12 Prozent angehoben worden. Zusammen mit dem alten Mehrwertsteuersatz von 18 Prozent ergibt dies einen Luxussteuersatz von 30 Prozent. Im achten Jahr der Regierung Kreisky ist damit nicht nur der Volkswagen zum Luxusgegenstand geworden, sondern mit der Umwandlung zur Luxussteuer wuchs auch ihre Anwendbarkeit. Als Luxusartikel gelten jetzt neben dem Volkswagen, Motorräder, Motorboote, Teppiche, Pelze, Juwelen und wahrscheinlich auch Stereoanlagen, Fernsehapparate, Geschirrspülmaschinen und Tiefkühltruhen. Insgesamt soll diese Luxussteuer im nächsten Jahr fünf Milliarden Schilling einbringen.

Es gibt aber Wirtschaftsexperten, die das zumindest für 1978 bezweifeln, da in den Monaten bis zum Inkrafttreten der neuen Steuern alle, die über Ersparnisse und Kredite verfügen, die für das Jahr 1978 geplanten Käufe von dauerhaften Gütern vorziehen werden. Daher kann die Luxussteuer vielleicht erst in zwei, drei Jahren die erhofften Einnahmen bringen, weshalb sie zweifellos zu einem Dauererfolg dieser Regierung werden soll.

Steuerträger und Steuerzahler dieser neuen Luxussteuer werden aber nicht die Vertreter der sogenannten Oberschicht, die „Reichen” oder die besser verdienenden_ höheren Angestellten und Beamten, sein, sondern die jungen Menschen, die einen neuen Haushalt gründen wollen sowie die sozialen

Nachzügler, die sich vielleicht ihre erste Waschmaschine oder den ersten Teppich kaufen wollen.

Denn wer heute zu der kaufkräftigen ‘Oberschicht zählt, der besitzt schon jetzt alle sogenannten Luxusgüter, deren Kauf durch die Luxussteuer eingeschränkt werden soll, oder kann veraltete Haushaltsmaschinen noch rasch ersetzen.

Da Teppiche, Juwelen, Pelze, Geschirrspülmaschinen und auch Autos sicher eine längere Lebensdauer haben werden als die gegenwärtige Regierung, wird die wirtschaftliche Oberschicht diese Luxussteuer auch gar nicht bezahlen müssen.

Junge Ehepaare, deren Eheschließung der Staat derzeit mit 15.000 Schilling fördert, werden ab 1. Jänner 1978 15.000 Schilling Luxussteuer bezahlen müssen, sollten sie sich dann Luxusgüter, wie Eiskasten, Geschirrspülmaschine, Teppich oder gar ein Auto im Gesamtwert von 125.000 Schilling kaufen wollen. Oder will man damit vielleicht nur erreichen, daß sich die junge Generation ihren Haushalt nur noch vom Altwarenhändler einrichten läßt?

Nebenbei soll noch die Sozialversicherung um 1,5 Milliarden Schilling teurer werden, indem man die Höchstbeitragsgrundlage für die Krankenkassen anhebt und den Beitragssatz für Angestellte von 5 auf 6,3 Prozent steigert.

Dabei vergißt man fast schon, daß das zweite Abgabenänderungsgesetz dem Staat je nach Berechnung 7 bis 17 Milliarden Schilling an Steuereinnahmen bringen soll und daß das Budget 1978 trotz aller neuen Steuern wieder stark defizitär sein wird. Die in diesem Zusammenhang genannten Zahlen von 40 bis 50 Milliarden Schilling übersteigen die Vorstellungskraft der Bevölkerung.

Die als Ergänzung genannten Sparmaßnahmen der Regierung, etwa weniger Überstunden im öffentlichen Dienst, wirken dazu eher provokant. Entweder wurden bisher unberechtigte Überstunden im öffentlichen Dienst verrechnet, ein weiteres Symptom einer schlechten Regierungsarbeit, oder es müssen zusätzliche Beamte eingestellt werden. Soll vielleicht die Postzustellung noch langsamer, die Schülerzahl in den Klassen wieder erhöht und der Einsatz der Polizei bei der Überwachung des Verkehrs und der Banken reduziert werden?

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung