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Die Macht der Fakten

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Das entscheidende Fundament für den Start ins Kabel-TV-Zeitalter wurde in der Steiermark am 6. Februar 1981 geschaffen: An diesem Tag wurde die Kabel-TV Steiermark sowie die Grazer Kabel-TV gegründet. An beiden Gesellschaften sind die Firmen STEIRERKABEL (gewichtigster Gesellschafter ist hier das Verlagshaus Styria) sowie MEDIA SÜD-OST (eine hundertprozentige Tochter des Ley- kam-Verlages) zu je 26 Prozent beteiligt. Diese beiden Firmen werden als Generalunternehmer gemeinsam die Errichtung von Kabelfernsehanlagen in der Steiermark koordinieren und durchführen.

Weiters sind sowohl das Land Steiermark als auch die Stadt Graz, die Interessenvertretungen, der österreichische Verlag, die Katholische sowie die Evangelische Kirche sowie auch die Gesellschaft für Kulturpolitik an der Landesgesellschaft bzw. an der Grazer Kabel- TV beteiligt.

Das steirische Konzept unterscheidet sich im wesentlichen durch zwei wichtige Aspekte von den Modellen in den anderen Bundesländern:

Alle bedeutenden gesellschaftlichen, politischen und verlegerischen Kräfte sind in die Konstruktion eingebunden und werden gemeinschaftlich Kabel- TV-Projekte verwirklichen.

Es ist nicht beabsichtigt, einem großen Industriekonzern das Gelände im Alleingang zu überlassen. Vielmehr steht man allen interessierten Industrie- firmen, welche als Lieferanten selbstverständlich in Frage kommen, neutral gegenüber. Das heißt, daß die Ausschreibung und die Auftragvergabe aufgrund neutraler Richtlinien erfolgen werden.

Unter Kabelfernsehen versteht man nichts anderes als eine große Gemeinschaftsantennenanlage, die nicht nur ein Haus oder eine Siedlung, sondern eine ganze Stadt versorgen kann. Die jeweiligen Programme werden zentral eingespeist und dann über im Boden verlegte oder freihängende Koaxialkabel an Hunderte oder Tausende angeschlossene Haushalte weitergeliefert.

Derartige Anlagen sind in der Lage, mindestens 12, manchmal auch bis zu 25 TV-Programme zu transportieren. Noch abzuwartende Entwicklungen mit dem Glasfaserkabel, welches als integriertes Kabel Fernsehprogramme, Radioprogramme, Telefon, Fernschreiben gleichzeitig transportieren kann, werden die Anzahl der verschiedenen transportierbaren Programme auf bis zu 200 erhöhen.

Gemeinschaftsantennenanlagen können aber mehr leisten, als nur zwei ORF-Programme transportieren. Aufgrund der derzeitigen medienrechtlichen Situation ist es bekanntlich nicht möglich, über das ORF-Angebot hinaus, zusätzliche österreichische Programme in österreichische Gemeinschaftsantennenanlagen einzuspeisen. Wohl besteht aber die Möglichkeit, ausländische Programme zeitgleich und völlig ungeschnitten auch den österreichischen Zusehern zugänglich zu machen. Dazu ist aber erforderlich, diese ausländischen Programme bis hin zu den sogenannten Einspeisepunkten der einzelnen Gemeinschaftsantennenanlagen über Richtfunk zu transportieren.

Die österreichische Post ist zurzeit damit beschäftigt, eine Richtfunkschiene von Salzburg über Oberösterreich - Wien - Graz-Schöckel - Kla- genfurt und zurück nach Salzburg zu errichten, welche vor allem drei deutsche Fernsehprogramme und das Schweizer Programm (SRG) für die österreichischen Kabel-TV-Haushalte bereitstellen wird. Diese Richtfunkstrecke wird etwa im Sommer 198| Graz erreichen und von diesem Zeitpunkt an wird es nach Vornahme entsprechender Zusatzinvestitionen am Schöckel möglich sein, ausländische Programme den steirischen Gemeinschaftsantennenanlagen zuzuspielen. Es ist damit zu rechnen, daß im Sommer 1982 die ersten Grazer Haushalte neben den beiden ORF-Programmen auch die deutschen und Schweizer Fernsehprogramme sehen können.

Die Kapazität der Kabelanlagen ist theoretisch fast unbegrenzt. Die derzeitigen Anlagen sind mindestens für 12 oder 16 Programme dimensioniert, in den USA werden auf Gemeinschaftsantennenanlagen bis zu 25 oder 30 verschiedene Programme angeboten. Mittlerweile sind in den USA 22 Prozent aller Haushalte, also etwa 16,5 Millionen, an das Kabel angeschlossen.

Auch für Österreich werden sicherlich dann neue Zeiten anbrechen, wenn europäische TV-Satelliten auch unser Land mit ihren fremdsprachigen Programmen erreichen. Nach den derzeitigen Planungen wird es Mitte der achtziger Jahre bereits TV-Satelliten für deutsche, französische und luxemburgische Programme geben.

Aufgrund dieser rasanten Entwicklung liegt der Gedanke nahe, daß die sogenannten öffentlich-rechtlichen Monopole von der technischen Entwicklung überholt werden. Der Medienpolitiker von heute hat die Entwicklung der Technologie daher auch als Sachzwang zu begreifen, der eine museale Diskussion über die Frage des Rundfunkmonopols, das längst schon obsolet geworden ist, unzulässig erscheinen läßt. Auf das auch in anderen Bereichen so gerne verwendete Modewort von der „normativen Kraft des Faktischen“ wird man hier wohl auch nicht ganz vergessen können.

Der ursprüngliche Hintergrund für die öffentlich-rechtlichen TV-Mono- pole, nämlich der Mangel an verfügbaren Frequenzen, ist durch die technische Entwicklung weggefallen. Zudem verlieren Monopolanstalten zusehends an Flexibilität und setzen dafür bürokratischen Speck an. Hier kann eine gezielte Konkurrenz durch privatwirtschaftlich organisierte Anstalten nur Positives bewirken. Dazu kommt, daß zentral geführte Monopolanstalten regionale Interessen oft unberücksichtigt lassen.

Jedenfalls muß der Anspruch des einzelnen auf Schutz vor jeder Übermacht in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt werden. Weder die staatliche noch die öffentlich-rechtliche, noch privatwirtschaftliche Macht darf zu Meinungsmonopolen führen.

Der Autor ist Generaldirektor des Styria-Verlages sowie Geschäftsführer der Kabel-TV Steiermark und der Grazer Kabel-TV.

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