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Die Nägel mit Köpfen

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Leidenschaft ohne Augenmaß wirft Ewald Nowotny unter Berufung auf Max Weber den Bundesländern in der Debatte rund um die Bundesstaatsreform vor. Diese unvollständige Lesart mag ihm zwar als dem Vorsitzenden einer einschlägigen SPÖ-Arbeitsgruppe ins Konzept passen, als Professor sollte er freilich Weber unverkürzt gelten lassen: „Politik bedeutet ein starkes, langsames Durchbohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß.” Und das Bild von den harten Brettern wie vom langsamen Durchbohren paßt da weit besser zum Thema.

Die Diskussion um Stärkung des Föderalismus und Bundesstaatsreform ist eine schier unendliche Geschichte - nicht erst Vorfeld eines möglichen Beitritts zur Europäischen Union, nicht erst seit dem Pakt zwischen Bund und Ländern vom 8. Oktober 1992, um dessen Umsetzung in Kompetenzen jetzt gestritten wird. Da ringen ja nicht nur föderalistische und unitaristische Kräfte um ihren Einfluß, sondern auch bürokratische mischen kräftig mit. Bis zum 10. Dezember wollen jetzt die Landeshauptleute „Nägel mit Köpfen” machen.

Keine Frage: Die Kompetenzen und Gestaltungsmöglichkeiten, die heute den Bundesländern zufallen, entsprechen nicht annähernd ihrer konstitutiven Bedeutung für den gemeinsamen Staat. Daher muß der Bund Flaare lassen. Da geht es um Macht und auch um Geld. Denn eine Neuaufteilung der -die Gerichtsbarkeit ausgenommen - Staatsfunktionen ist ohne entsprechende und gleichzeitige Neuaufteilung des Geldes (Stichwort: Finanzverfassung) nur eine halbe Sache. Und gegenwärtig sind ja die Länder zu nicht weniger als 95 Prozent auf Transferzahlungen des Bundes angewiesen.

Den Eindruck, daß es um eine umfassende Staatsreform geht, haben die Verhandler bisher nicht vermitteln können. Schon eher ist der Eindruck entstanden, daß da um Aufgaben und Ausnahmen gefeilscht wird, daß ein Kompetenzen-Fleckerlteppich entsteht, bei dem kein Muster, kein klares und durchgehendes Ordnungsprinzip erkennbar ist. Und hoffentlich endet das nicht wie beim Finanzausgleich 1992 : viele Kompromisse -und wenig Reform.

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