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Die neue globale Revolution

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Noch immer wird in Deutschland über die Erfolge der Rechtsextremen bei den letzten Wahlen diskutiert. Wachsame Politiker spüren, daß sich nun eine Vertrauenskrise der Politik auszuwirken beginnt. „Asyl -Die Politiker versagen", war die Schlagzeile einer Titelgeschichte im „Spiegel". Und in der Hamburger „Zeit" schrieb Theo Sommer: „Das Volk ist nicht unregierbar - es ist unregiert. Zu vieles bleibt unerledigt liegen. Die Asylfrage bietet nur das eklatanteste Beispiel."

Der Rechtsruck erfaßt auch Parteien wie die CDU. Heiner Geißler, Mitglied des Parteipräsidiums und stellvertretender Fraktionschef, hat,Angst um die Seele der Partei" und er erläutert dieses Gefühl: „Die Seele unseres ganzen Volkes hat sich verbogen. Wie heute über Ausländer gesprochen wird, das ist ein Rechtsruck, das hat es vor drei Jahren noch nicht gegeben."

In allen westlichen Demokratien zeigt sich ein ähnliches Phänomen: Die Politik ist richtungslos und kleinmütig. Entscheidungen werden gescheut und nur dann getroffen, wenn man glaubt, sich durch Meinungsumfragen abgesichert zu haben. Dem gegenüber steht eine Wählerschaft, die einerseits immer mehr vom Staat verlangt und immer weniger bereit ist, auch Solidarität zu demonstrieren. Auf der anderen Seite nehmen irrationale Reaktionen zu: Latente Wut auf „die da oben" kann von Demagogen der verschiedensten Spielart jederzeit aktiviert werden.

Der Club of Rome spricht von einer „globalen Revolution", wenn er auf die neue Völkerwanderung von Nord nach Süd eingeht und fordert, daß die Bevölkerung der reichen Länder darauf vorbereitet werden müßte, diese Tatsache zu akzeptieren: „Diesen Versuch erst gar nicht zu unternehmen - darin liegt das wahre Versagen der Politik", schrieb der „Spiegel".

Im neuen Grundsatzprogramm der CSU heißt es zum Beispiel, daß das Christentum im Verein mit dem Humanismus und der Aufklärung Toleranz und Weltoffenheit gebiete - doch eine multikulturelle Gesellschaft könne daraus nicht abgeleitet werden. Denn das würde Selbstaufgabe bedeuten.

Das ist eine merkwürdige Haltung für eine Partei, die nach wie vor das „hohe C" im Parteinamen führt.

In Österreich stehen wir erst am Anfang mit dieser Diskussion, aber sie bleibt uns nicht erspart. Vielleicht können wir etwas von den Deutschen lernen - auch von ihrer Streitkultur und Konfliktbereitschaft, die etwas höher entwickelt ist als bei uns.

Heiner Geißler hat eine dieser Erfahrungen so formuliert: „Wahlen werden in der Mitte gewonnen - nicht durch Verbeugungen nach links und rechts."

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