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Die Pensionskassen wollen noch nicht klingeln

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Vor mehr als zwei Jahren gab es grünes Licht für den Start der Pensionskassen. Doch der von den Anbietern erhoffte Run auf die zweite Säule der Pensionsvorsorge ist ausgegeblieben. Johannes Martinek, Vorstandsvorsitzender der S-Pensionskassen, analysiert die Gründe.

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Vor mehr als zwei Jahren gab es grünes Licht für den Start der Pensionskassen. Doch der von den Anbietern erhoffte Run auf die zweite Säule der Pensionsvorsorge ist ausgegeblieben. Johannes Martinek, Vorstandsvorsitzender der S-Pensionskassen, analysiert die Gründe.

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FURCHE: Warum laufen die Geschäfte der Pensionskassen, gemessen an derfrüheren Euphorie, so flau ?

JOHANNES MARTINEK: Wir haben alle miteinander Schätzungen abgegeben, die sicherlich zu optimistisch waren. Andererseits sind zwei Jahre zu kurz, um die Informationen über die Möglichkeit von Pensionskassen durchzubringen. Einige Pensionskassen wurden ja erst vor zwei Monaten gegründet, manche haben erst vor einem Jahr die Geschäftspläne genehmigt bekommen haben.

Es gibt aber auch im Bereich der Arbeitnehmervertreter negative Gegenströmungen. So kommen, um ein Beispiel zu nennen, von der Arbeiter-kammerOberösterreich sogar Pamphlete gegen Pensionskassen.

FURCHE: Es gibt erst 50.000 Anspruchsberechtigte. Allein 40.000 davon sind alte und neue Ansprüche von Beschäftigten der Verstaatlichten. Warum bleiben Mittel- und Kleinbetriebe desinteressiert?

MARTINEK: Das kann man noch nicht so ohne weiteres sagen. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß auch kleine Einheiten nach einer Lösung der Pensionsfrage für ihre Mitarbeiter suchen. Die Situation bei den Pensionskassen ist ähnlich wie früher in der Computerbranche. Wie lange hat es gedauert, bis die Computer von der Großindustrie in die Klein-

betriebe gelangt sind. Hier ist das ähnlich.

FURCHE: Sind mit acht überbetrieblichen und drei betrieblichen Pensionskassen" nicht auch zu viele Anbieter auf dem Markt?

MARTINEK: So wie das Geschäft derzeit läuft, sind wir natürlich relativ viele. Aber gemessen am Potential ist die Branche gewiß nicht überbesetzt. Ich glaube, wir sollten jetzt nicht nervös werden. Das positive Interesse ist vorhanden. Es gibt eine Umfrage unter Steuerberatern - die ja bekanntlich die Entscheidungen der mittelständischen Wirtschaft mitbeeinflußen- daß 57 Prozent bereits die Pensionskassen als ideale Lösung für die Betriebspension nennen. Die traditionellen Formen wie Pensionsrückstellungen bleiben mit 43 Prozent schon in der Minderheit. Man sieht, hier ist einiges in Gang gekommen.

FURCHE: Ist nicht auch das Vertrauen der Arbeitnehmer in die ausreichende Versorgung durch den Staat unerschütterlich hoch?

MARTINEK: Das Vertrauen ist gigantisch hoch. Man kann den Politikern den Vorwurf nicht ersparen, daß sie nach wie vor Schönfärberei betreiben, was die zukünftige Finanzierbarkeit der Pensionen betrifft.

FURCHE: Welche Gegenstrategien haben Sie vor?

MARTINEK: Wir wollen demnächst stärker an die beratenden Berufe wie Steuerberater aber auch Finanzchefs der Firmen herantreten und Möglichkeit sowie Finanzierbarkeit von Pensionskassen vorstellen.

FURCHE: Es gibt noch massive Forderungen - wie volle Absetzbar-

keit der Arbeitnehmerbeiträge - an den Gesetzgeber. Ist das nicht eine Ausrede für das schlechte Abschneiden der Pensionskassen?

MARTINEK: Die Öffentlichkeit hat im Vorjahr sicherlich den Eindruck gewonnen, die Pensionskassen brauchen allerlei Novellen, um endlich handlungsfähig zu werden. Das stimmt nicht. Wir können mit den Vorgaben, wie sie heute im gesetzlichen Bereich da sind, problemlos arbeiten. Natürlich haben wir Wünsche. Aber deren Erfüllung brauchen wir nicht, um den Laden in Gang zu bringen.

FURCHE: Kritiker sagen, die Pensionskassen unterlaufen ein wesentliches Ziel der Pensionsreform, nämlich die Hinaufsetzung des Pensionsalters.

MARTINEK: Die Pensionskassen sind sicherlich kein Instrument, um die Lebensarbeitszeit zu verkürzen. Denn wir wissen aus allen Berechnungen, daß* eine Pension immer im Verhältnis steht zum eingezahlten Betrag und zur Einzahlungsdauer. Je länger jemand arbeitet, desto höher ist die Pensionsleistung. Das heißt, wir sind sicherlich kein Instrumentarium, das einer längeren Lebensarbeitszeit entgegensteht. Wir sind aber ein gutes Vorsorge-Instrumentarium, wenn jemand vorzeitig aus dem Betrieb ausscheiden muß, beispielsweise aufgrund von Umstrukturierungen. Das Gespräch führte Elfi Thiemer.

1)Pensionskassen in Österreich:

Überbetriebliche Pensionskassen: BVP-Pen-sionskassen AG, Gerling Pensionskasse für die Industrie AG, Öl AG-Pensionskasse AG, ÖPAG Pensionskassen AG, Pensionskasse für Arbeit und Wirtschaft AG, S-Pensionskassen AG, Victoria-Volksbanken Pensionskassen AG, Z -Wiener Städtische Pensionskassen AG. Betriebliche Pensionskassen: IBM Pensionskasse AG, Porsche-Pensionskasse AG, Unile-ver-Pensionskasse AG.

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