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Die „Pille" - wer bezahlt?

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Die Politiker der Koalitionsparteien sind sich einig, die „Pille" künftig an junge Mädchen, sowie an einkommensschwache Frauen gratis abzugeben. Nicht einig ist man sich über die Finanzierung: ob durch die Krankenkassen oder den Familienlastenausgleichs-fonds. So einfach scheint das zu sein. Wieder einmal wird in der öffentlichen Debatte verschwiegen, welchen Preis gerade die „Beschenkten" dafür zu zahlen haben, wer aller „draufzahlt".

Junge Mädchen sollen dadurch „geschützt" werden. Vermutlich bezahlen sie das mit ihrer Gesundheit, da ein so massiver medikamentöser Eingriff in den reifenden Organismus sehr schädlich sein kann. Sie sollen „freier" werden. Vielleicht bezahlen sie das mit leichterer „Verfügbarkeit", werden für manche zum „Freiwild".

Für reife Frauen soll dadurch die Familienplanung erleichtert werden. Frauen verdienen dafür wahrhaft Hilfe. Die „Gratispille" erhöht aber die Gefahr, daß noch mehr der Frau allein die Verantwortung für ein Kind zugeschoben wird, ja eigentlich nur sie „schuld" ist, wenn eines ungewollt kommt. Sind dafür nicht doch immer zwei verantwortlich?

Die „Pillen" haben ovulations-hemmende oder/und nidations-hemmende Wirkung. Wird nicht gewissenhaft unterschieden, so bezahlen dies bei Anwendung letzterer (weil sie abtreibende Wirkung haben) schon empfangene Kinder mit dem Leben.

Man streitet ums Geld, dabei müßte uns allen dieses Problem an sich kostbarer sein. Es geht letztlich nicht um die Finanzierbarkeit, sondern um moralische Verantwortlichkeit. Wer klärt heute wie die Jugend auf? Wer hat überhaupt bei der Jugend in Fragen der Sexualität „Kredit"? Welche Leitbilder finden Jugendliche vor? In welchem Milieu, welcher „Atmosphäre" wachsen sie auf? Ist über Sexualität zu reden nicht noch immer in weiten Kreisen ein Tabu? Und wo man eher permis-siv, gar lasziv redet, oder aber prüde bis unverständlich rigoros.

Es ist zu begrüßen, daß am Rande der „Gratis-Pillen-Diskussion" endlich vom notwendigen Gespräch der Eltern mit ihren Kindern geredet wird. Daß man auch bewußt anzielt, die erschreckend hohe Zahl von Abtreibungen dadurch zu mindern. Warum aber gibt es nicht ebenso starke Initiativen für die „natürliche Familienplanung"? Immer mehr Frauen interessieren sich dafür, auch aus Angst vor der Chemie. Diese Methode käme billiger, ist nicht gesundheitsschädlich und unterstreicht die gemeinsame Verantwortung von Mann und Frau.

Der Streit um die Pille: nur ein finanzielles Problem? Wir müßten uns die Lösung dieser so lebenswichtigen Fragen noch viel mehr kosten lassen. Das können aber weder Krankenkassen noch Familienlastenaus-gleichsfonds leisten.

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