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Die Piraten wider Willen

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Die Ära des Rundfunk-Monopols in Österreich geht langsam, aber unaufhaltsam zu Ende. Mit 1. Jänner 1994 tritt das „Regionalradiogesetz” in Kraft. Ein Paragraphenwerk, das bereits vor seiner Beschlußfassung im Parlament als „lückenhaft” kritisiert wurde.

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Die Ära des Rundfunk-Monopols in Österreich geht langsam, aber unaufhaltsam zu Ende. Mit 1. Jänner 1994 tritt das „Regionalradiogesetz” in Kraft. Ein Paragraphenwerk, das bereits vor seiner Beschlußfassung im Parlament als „lückenhaft” kritisiert wurde.

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„Österreich hätte die einmalige Gelegenheit gehabt, ein Regionalradiogesetz zu schaffen, in dem man Fehler, die im Ausland gemacht wurden, vermeidet”, grollt Andrea Danmayr, Sprecherin der „Pressure Group Freies Radio Wien” (diese versteht sich als Interessensvertretung für kleine, nicht-gewinnorientierte Radiostationen - die bisher illegalen „Piratensender”).

Dabei hätte der späte Einstieg der Alpenrepublik in den Privatradiobereich durchaus Chancen eröffnet, meint Danmayr: „Andere Länder beneiden uns deswegen. In Österreich kommt aber niemand auf die Idee, nach Deutschland oder Frankreich zu fahren und sich umzusehen, was dort gut oder schlecht gelaufen ist. Stattdessen wird die österreichische Print-medienszene auf das elektronische Medium umgelegt.”

Die großen Medienkonzerne beginnen schon jetzt, sich die Frequenzen für die Bundesländer mit den besten

Erfolgsaussichten aufzuteilen. Die ,.Kronen Zeitung” will gemeinsam mit der Bank Austria in Wien einen Regionalsender installieren, der „Kurier” sieht seinen Schwerpunkt in Niederösterreich. Auch Radio CD (das seit drei Jahren von Bratislava nach Ostösterreich sendet), die Werbeagentur GGK des Vranitzky-Vertrauten und glücklosen AZ-Retters Hans Schmid sowie die Magazin-Yuppies Helmut und Wolfgang Fellner (die Gründer von „Basta” und „News”) wollen in der zukünftigen Regionalradioszene Wiens mitmischen.

Gerangel um die Frequenzen

Über die Zahl der freizugebenden Frequenzen herrscht noch Unklarheit. Für Zündstoff in der politisch besetzten Regionalradio-Behörde ist gesorgt. Für den Großraum Wien ist von bis zu drei möglichen Frequenzen die Rede. Danmayr hofft, daß neben der „Krone” einerseits sowie GGK mit Radio CD oder „News” andererseits eine dritte Frequenz freigegeben wird, für die sie um eine Lizenz ansuchen will. Seit zwei Jahren betreibt sie gemeinsam mit Freunden den Piratensender „Radio one”, der - noch illegal - auf UKW 107,3 ausstrahlt.

Der Gesetzesbruch macht der Ra-diopiratin zu schaffen: „Nach zwei Monaten ist es mit dem Abenteuer vorbei. Da wird die ständige Flucht vor den Peil wagen der Post und der Polizei zur Qual.” Am neuen Gesetz, das letzten Freitag vom Nationalrat beschlossen wurde, stört sie vor allem die fehlende juristische Basis für kleine freie - also nicht-kommerzielle -Sender. Im neuen Gesetz werden diese zwar nicht verboten aber auch nicht ausdrücklich erwähnt - eine klare Gesetzeslücke. Dabei habe sich das Europäische Parlament in einer Entschließung von März 1993 nicht nur für die Unterstützung und Förderung freier Radiosender, sondern auch für deren gesetzliche Verankerung ausgesprochen. „Davon wollen die Politiker hierzulande nichts wissen”, behauptet Danmayr. „In anderen Ländern wird sehr wohl an freie Sender gedacht. In Frankreich hat Präsident Mitterrand, der selbst einmal Radiopirat war, einen Radiofonds eingerichtet. In diesen Fonds zahlen öffentlich-rechtliche und kommerzielle Sender rund ein bis drei Prozent ihrer Werbeeinnahmen ein. Diese Mittel dienen dann zur Unterstützung kleiner freier Radio sender.”

Der Vorschlag der „Pressure Group Freies Radio Wien”, einen ähnlichen Fonds in Österreich einzuführen, werde aber von den Politikern ignoriert, klagt Danmayr. Bei Radio CD, Kronen Zeitung und selbst beim ORF ortet sie hingegen durchaus Interesse für diese Idee: „Den freien Sendern wird nichts anderes übrig bleiben, als sich durch großzügige Spenden am Leben zu halten - oder auf die nächste Gesetzesnovelle zu warten.”

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