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Die Reformation brachte dem Land die blühendste Epoche

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Die evangelische Kirche hat in Kärnten eine lange Geschichte. Die Reformation hat für dieses Land sehr viel bedeutet. Sie hat die blühendste Epoche seiner Geschichte - von der Jetztzeit abgesehen - dargestellt. Merkmale waren: ein beachtliches Schulwesen bis in die Bergtäler hinein, konzipiert nach Luthers Schulschriften und gipfelnd in den Ansätzen zu einer Hochschule in Klagenfurt, dem „Collegium sapientae et pietatis“. Es gab ein blühendes Wirtschaftsleben, einigermaßen soziale Gerechtigkeit, vielerlei Verbindungen mit dem Norden und Süden des Reiches. So hat ein Villa-cher Student den Thesenanschlag in Wittenberg erlebt und wurde nachmals Pfarrer von Maria Gail (Jörg Krainer).

Die Grabdenkmäler und die Kanzel der Stadtpfarrkirche in Villach zeugen ebenso wie die Bauten' in Klagenfurt (heute Domkirche, Landhaus) vom

Leben aus dem Wort, das alle Bereiche durchflutete. Das Diözesan-Museum in Fresach - auf Initiative von Bischof Sakrausky im dortigen alten Bethaus entstanden - erfaßt manche beachtliche Dokumente von der Reformation über die Gegenreformation bis heute. Es ist in seiner Art aber auch ein Zeugnis dafür, wie das Evangelium grenzüberschreitend und überwindend wirkte.

Heute ist die evangelische Kirche in Kärnten vielfältig merkbar. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zogen die weichenden Bauernsöhne in die städtischen Zentren. Es waren tüchtige Leute. Eisenbahn, Industrie, Gewerbe, Dienst in Heer und Gendarmerie und als Beamte gaben ihnen Entfaltungsmöglichkeiten, die sie in den heimischen Berghöfen nie bekommen hätten. Ihre Kinder und Enkel bilden heute einen Grundstock der Gemeinden. Und bis heute geben diese Gemeinden Menschen in die Stadtgemeinden hinein.

Eine andere Gruppe sind die Familien, die aus dem süd- und norddeutschen Raum und in kleinerem Maße aus der Schweiz herkamen. Sie bedeuteten oft viel in den Städten für die wirtschaftliche und technische Entwicklung. Auch sie brachten vielfältig Leben in den Gemeinden zur Entfaltung. Andere suchten und fanden in

der evangelischen Kirche einen großen Freiheitsraum für ihre eigene Persönlichkeit und wuchsen so in evangelisches Gemeindeleben hinein. Dazu kamen evangelische Christen, die infolge der Vertreibungen des Zweiten Weltkrieges vornehmlich aus dem Raum der früheren Donau-Monarchie, ja sogar aus dem Baltikum und Rußland hier neue Heimat fanden.

Sosehr evangelisches Christentum auf unübertragbarer und unersetzlicher persönlicher Verantwortung beruht, sosehr ist es auch unsere Aufgabe, nicht abseits vom Leben des Landes zu stehen, sondern des „Landes

Bestes zu suchen“. Dies geschieht in den Gemeinden grundlegend im Gottesdienst. Wo lebendige Gemeinden sind, dort ist geistliches Leben einer Kirche. Aber auch in vielen Tätigkeiten persönlicher Seelsorge, die in keinem Bericht stehen und doch so viel bedeuten. Ist doch die Gemeinde der Platz, wo vor Ort der alltägliche Kampf des Glaubens stattfindet. Dies geschieht in Auseinandersetzung mit den vielen geistigen Strömungen der Zeit in der „Evangelischen Akademie“ Kärnten.

Die evangelischen Anstalten in Treffen und Waiern stellen auf ihre eigen-

geprägte evangelische Art im ganzen Kranz der diakonischen und sozialen Arbeit in unserem Land wesentliche Akzente.

Verbunden mit der evangelischen Christenheit der benachbarten Länder, vor allem Deutschlands, wird, wie etwa im Gustav-Adolf-Werk, tragende, geistliche und praktische Gemeinschaft in mancher Hilfe sichtbar.

Besondere Aufgaben stellt der Fremdenverkehr, da viele Menschen in unsere Gemeinden kommen und sich an der Gemeinschaft mit Glaubensgenossen freuen. Für uns ist das eine an die Grenze unserer Kraft rei-

chende Verpflichtung, die dennoch hilft zur Weite über die Grenzen, die Christen brauchen.

Es sei noch erwähnt, daß manche ökumenische Unternehmungen geschehen und hin und her eine sowohl persönlich erfahrene als auch unter den Gemeinden geübte Beziehung lebt, die das eigene Bekenntnis achtend die grundlegende Gemeinschaft aus dem christlichen Grundbekenntnis bezieht.

In Dankbarkeit für die heutige Freiheit des Glaubens aus der alle echte Freiheit sich nährt, wird auch die evangelische Kirche in Kärnten immer wieder in den persönlichen und öffentlichen Raum hinein auf stille und bestimmte Weise das Wort Gottes stellen. In Bewußtsein unserer kleinen Zahl (32 Pfarrgemeinden, acht Tochtergemeinden, weit über 54.000 Gemeindeglieder) wissen wir um unsere sehr begrenzten Möglichkeiten. Nur im Wissen um unseren Auftrag, der unüber-windbaren Kraft Christi zu dienen, können wir bestehen und weitergehen.

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