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Die Rückkehr der Dämonenbändiger

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Mit seinen mittelalterlichen Flügelaltären, kostbaren Meßgeräten und barocken Heiligen und mit den über 2.000 Werken der Otto-Mauer-Sammlung besitzt das Erzbischöfliche Dom- und Diözesanmuseum in Wien kulturelle Schätze ersten Ranges. Um auf diese mehr Besucher als bisher aufmerksam zu machen, bedarf es zusätzlicher finanzieller Mittel. Deren Einsatz käme dem Ansehen der Kirche insgesamt zugute.

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Mit seinen mittelalterlichen Flügelaltären, kostbaren Meßgeräten und barocken Heiligen und mit den über 2.000 Werken der Otto-Mauer-Sammlung besitzt das Erzbischöfliche Dom- und Diözesanmuseum in Wien kulturelle Schätze ersten Ranges. Um auf diese mehr Besucher als bisher aufmerksam zu machen, bedarf es zusätzlicher finanzieller Mittel. Deren Einsatz käme dem Ansehen der Kirche insgesamt zugute.

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Zum zwanzigsten Todestag von Monsignore Otto Mauer wird das Erzbischöfliche Dom- und Diözesanmuseum in Wien nach längerer Zeit wieder seine Metall schränke öffnen, in denen der Nachlaß einer der bedeutendsten Sammlerpersönlichkeiten der Moderne aufbewahrt wird. Dämonenbändiger nannte er sie. Mit ihren Bildern sammelte er all die Dämonen ihrer Zeit, die sie - wie er glaubte - in ihren Werken gebändigt hatten. Sammelte er deshalb so unermüdlich? Über 2.000 Exponate waren es bei seinem frühen Tod: Ölmalereien, Aquarelle, Collagen, Plakate und vor allem Zeichnungen und Drucke.

Etwa 50 dieser Werke werden im nächsten Herbst im Diözesanmuseum zu sehen sein. Der wissenschaftliche Leiter des Diözesanmuseums, Bernhard Rittinger, möchte, einen Gedanken Weihbischof Christoph Schönborns aufgreifend, zumindest einige der Werke in direkter Konfrontation mit den historischen Sakralkunstwerken des Museums zeigen. Dies soll die Zusammengehörigkeit von Museum und Sammlung betonen.

Die Sammlung Otto Mauer besteht zum Großteil aus Schenkungen. Auf vielen Blättern finden sich persönliche Widmungen. Die meisten der seinerzeit umstrittenen Kunstwerke sind längst als „klassische Moderne" akzeptiert. Wenig bekannt ist der große Bestand an Werken französischer Impressionisten, Fauvisten und Expressionisten. Arbeiten von Avantgardisten wie Arnulf Rainer, Josef Mikl, Markus Prachensky, Fritz Wotruba und Oswald Oberhuber haben die Sammlung berühmt gemacht.

Aber die neun Zeichnungen, elf Bilder und vier Drucke von Arnulf Rainer nehmen sich ausgesprochen bescheiden aus im Vergleich zu den über hundert Zeichnungen des kürzlich verstorbenen Hans Fronius oder gar den 140 Drucken religiöser Holzschnitte der oberösterreichischen Künstlerin Margret Bilger. Da die Sammlung normalerweise nicht zugänglich ist, weil vor allem die Grafiken durch Licht zu sehr geschädigt würden, ist dies eine rare Gelegenheit, ausgewählte Werke kennenzulernen.

Eine kleinere Sonderausstellung mit Werken von Otto-Mauer-Preisträgern plant das Diözesanmuseum für die erste Jahreshälfte. Alljährlich wird dieser mit 100.000 Schilling dotierte Preis an junge Künstler vergeben, die verpflichtet sind, zumindest eines ihrer Werke dem Museum zur Verfügung zu stellen. (Siehe Bild, das ein Werk des heuer ausgezeichneten Lois Renner wiedergibt.)

Ob eine für den heurigen Advent geplante Krippenausstellung im Diözesanmuseum Zustandekommen wird, ist noch ungewiß. Das Budget für Sonderausstellungen ist für dieses Jahr vor allem durch die große Marien-Ausstellung im Frühjahr eigentlich schon ausgeschöpft.

Finanziell ist man vom Gesamtbudget der Erzdiözese abhängig. Und diese sei natürlich dem Kirchenbeitragszahler verpflichtet, der den meist kostspieligen kulturellen Aktivitäten nicht immer das nötige Verständnis entgegenbringe, erklärt Rittinger die „restriktive Politik" der Finanzkammer.

Ein Grund mehr, sich steigende

Besucherzahlen zu wünschen. Dazu sollen erweiterte Öffnungszeiten beitragen, pro Woche gibt es derzeit statt zwei Schließtagen nur mehr einen, auch Schülergruppen sollen für das Museum interessiert werden. In den Sommermonaten, zu Weihnachten und Ostern kommen auch relativ viele Touristen.

Angesichts der Massen, die gerade zu diesen Zeiten täglich genau gegenüber von den Katakombenführungen entlassen werden und zweifellos eine Zielgruppe von Interessenten darstellen, ist ihre Zahl aber doch gering. Die meisten wüßten gar nicht, daß sich hier ein Dommuseum befände, vermutet Rittinger. Der versteckte Eingang im Durchhaus wirke sich sicher hemmend auf die Besucherzahl aus. Die Lage im ersten Stock sorge zusätzlich für Schwellenangst. Ein Transparent, das auf das Museum aufmerksam machen sollte, ist vom Hauseigentümer aus ästhetischen Gründen vorerst nicht gestattet worden.

Bernhard Rittinger weiß, daß das Museum ein „Minderheitenprogramm" anbietet, „das immer nur bei einem sehr selektiven Publikum Interesse finden wird und nicht bei der breiten Masse."

Eine Vermarktung um jeden Preis werde nicht angestrebt. Die Ausstellungen sollen einen direkten Bezug zum Museum oder zur Diözese haben und auch an eine bestimmte religiöse Botschaft gebunden sein, meint Rittinger.

Vielleicht empfindet man es aber gerade deshalb als bedauerlich, daß die moderne Kunst, die hier neue Impulse schaffen könnte, ausgegrenzt wird. Das Publikum, das zu moderner Kunst komme, sei ein anderes als jenes, das sonst das Museum besuche, behauptet Rittinger. In diesem Sinn scheint ihm auch eine entsprechende Nutzung der meist leerstehenden Sonderausstellungsräume nicht sinnvoll. Er fürchtet, daß sich „so etwas sehr rasch in Verkaufsausstellungen und dergleichen niederschlagen würde", was er unter keinen Umständen wolle.

Für Otto Mauer eien prinzipiell „alle Kunsttendenzen mit dem Christlichen vereinbar", sagt Rittinger; er erlebte Kunst in erster Linie als pasto-rales Problem.

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