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Die schwelgerische Malerei der Flamen

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Die PR-Texte für die Gemeinschaftsausstellung des Kölner Wallraf-Richart/.-Museums, des Antwerpener Königlichen Museums für Schöne Künste und des Kunsthistorischen Museums in Wien haben nicht übertrieben: Die von September bis November 1992 in Köln, anschließend in Antwerpen und jetzt in Wien gezeigte Schau „Von Bruegel bis Rubens - Das goldene Jahrhundert der flämischen Malerei" ist wahrhaftig zur Jahrhundert-Ausstellung geraten.

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Die PR-Texte für die Gemeinschaftsausstellung des Kölner Wallraf-Richart/.-Museums, des Antwerpener Königlichen Museums für Schöne Künste und des Kunsthistorischen Museums in Wien haben nicht übertrieben: Die von September bis November 1992 in Köln, anschließend in Antwerpen und jetzt in Wien gezeigte Schau „Von Bruegel bis Rubens - Das goldene Jahrhundert der flämischen Malerei" ist wahrhaftig zur Jahrhundert-Ausstellung geraten.

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Und Wien - das darf man ruhig sagen - schießt dabei den Vogel ab. Denn erst in der bis 20. Juni anberaumten Sonderausstellung des Kunsthistorischen Museums findet die Präsentation der Antwerpener Malerschule von 1550 bis 1650 ihre Vollendung. Schließlich zeigt das Haus am Ring in der nunmehr komplett renovierten Gemäldegalerie neben 230 Objekten von über 100 Leihgebern zusätzlich 220 Bilder aus eigenem Besitz, die in den Museen von Köln und Antwerpen nicht zu sehen waren.

Dabei handelt es sich nicht nur um anerkannt gute Bilder, sondern um eine Vielzahl der allerbedeutendsten Arbeiten der Antwerpener Künstler. Besitzt doch die Donaumetropole, die seit den Tagen Maximilians I. bis ins 18. Jahrhundert enge Verbindungen zu den südlichen und nördlichen Niederlanden hatte, allein von Pieter Bruegel d. Älteren, genannt Bauern-bruegel, ein Drittel seines Gesamtschaffens, nämlich zwölf Bilder. Dazu zählen jene von flachen, bunten Figuren bevölkerten Werke wie „Bauernhochzeit", „Bauerntanz" und „Kampf zwischen Fasching und Fasten" -Kleinodien, die Bruegels Popularität begründet hatten und aufgrund restauratorischer Voraussetzungen weder nach Köln noch nach Antwerpen, in die europäische Kulturhauptstadt 1993, entliehen worden sind.

Umgekehrt verborgte etwa der Madrider Prado den um 1562 datierten hochkarätigen „Triumph des Todes" von Pieter Bruegel d. Ä. Von Pieter Bruegel d. J. verlieh die spanische Hauptstadt die berühmte „Verschneite Landschaft mit Vogelfalle", von Jan Bruegel d. Ä. die „Allegorie des Gesichts- und Geruchssinns" und von David Teniers d. J. das die Malerei zum Gegenstand der Betrachtung nehmende Kabinettbild „Erzherzog Albrecht in seiner Galerie", dessen Pendant, die „Galerie des Erzherzogs Leopold Wilhelm" aus den Bayrischen Staatsgemäldesammlungen, München, stammt.

Gegliedert ist die Exposition nach zeitlicher Abfolge. Einen Schwerpunkt nehmen dabei die Genremalerei und das Stilleben ein: zwei Stilarten, die sich in den hundert Jahren der spanischen Herrschaft und der politischen und geographischen Neuordnung Europas neben dem von Hof und katholischer Kirche geförderten Historienbild als neue Bildgattung entwickelten. Hervorgehoben seien die Arbeiten von Pieter Aertsen und Jan Bruegel d. Ä., Sohn des Stammvaters

Pieter d. Ä. Sie schufen motivreiche Landschaftsbilder und miniaturhaft ausgeführte Blumenstilleben. Als kostbare Raritäten, deren Leuchtkraft fast die Natur erreicht, avancierten die Blumenbilder bald zu begehrten Sammelstücken des Kunstmarktes.

Hervorgehoben sei aber auch eine Neuerwerbung des Kunsthistorischen Museums: die älteste authentische Ansicht des kaiserlichen Lustschlosses Neugebäude von Lucas von Valk-kenborch. Dieses Gemälde mit dem Titel „Waldspaziergang" befand sich ursprünglich in der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms, wo es gemeinsam mit „Kaiser Rudolf II. bei einer Trinkkur" (nun im gleichen Kabinett im ersten Stock zu sehen) im Inventar aufscheint. In Auftrag gegeben hatte es entweder Erzherzog Matthias oder der von 1593 bis 1595 als Statthalter in den Niederlanden fungierende Erzherzog Ernst. Beide Brüder sind neben Kaiser Rudolf II. dargestellt. Auf der linken Bildseite ist ein Selbstporträt des einige Jahre in Linz tätig gewesenen Valcken-borchs zu sehen.

Sowohl der „Waldspaziergang" als auch die „Trinkkur" sind bis 1806 in den kaiserlichen Sammlungen nachweisbar. Danach verliert sich die Spur des „Waldspaziergangs", bis er nach dem Zweiten Weltkrieg im Kunsthandel kurz wieder auftauchte, abermals verschwand und jetzt endlich zurückerworben werden konnte. Daß

außer der Genre-, Landschafts- und Stillebenmalerei auch das Porträt- und das Altarbild, daß außer den Malerfamilien Bruegel, Francken und Teniers auch Künstler wie Frans Floris und Martin des Vos sowie solch dominante Persönlichkeiten der flämischen Malerei des 17. Jahrhunderts wie Peter Paul Rubens und Anton van Dyck in unüberbietbarer Vielfalt vertreten sind, sei ebenfalls betont.

Denn zu den Leihgaben von Madrid bis Petersburg, London und Budapest, aus zahlreichen belgischen, deutschen und österreichischen Sammlungen kommen hier wieder verstärkt die Exponate der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums selbst. Unter anderem die großformatigen Altarbilder, die Rubens für die Jesuitenkirche in Antwerpen geschaffen hat: die „Wunder des hl. Ignatius", „Wunder des hl. Franz Xaver" und „Himmelfahrt Mariens" sowie der „Ildefonso-Altar" für Brüssel. Nicht zuletzt auch das sinnenfreudige Bildnis von Rubens' zweiter Gemahlin Helene, geborene Fourmet, weltweit als „Pelzchen" mit seinen vibrierenden Pinselstrichen und pastosen Tupfern bekannt. „Das Venusfest" hinwieder zeigt Rubens' Hinwendung zu Tizian.

Bei van Dycks Studienköpfen ist sowohl der Einfluß seines Lehrers Rubens als auch dessen Bewunderung für die venezianische Malerei spürbar. Bei Jacob Jordaens findet das flämische Barock zum letzten Mal vollendeten Ausdruck. Zumal der „Bohnenkönig" steht in der Tradition der seit Bruegel in Flandern beliebten bewegten Szenen von Schenken, Kirmes und üppigen Festtafeln.

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