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DIE SORGEN DER BAUERN

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Für die Steirer ist der EG-Beitritt Sorgenkind und Hoffnungsträger zugleich. Besonders besorgt sind die Bauern - zurecht?

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Für die Steirer ist der EG-Beitritt Sorgenkind und Hoffnungsträger zugleich. Besonders besorgt sind die Bauern - zurecht?

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Die Verunsicherung bei den Bauern ist groß. Eine aktuelle Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes ergab, daß Österreichs Landwirte durch einen EG-Beitritt gut 20 Prozent ihres Einkommens verlieren, wenn nicht schon jetzt wirksame Gegenmaßnahmen getroffen werden. Welche Berufsgruppe wäre angesichts solcher Prognosen nicht beunruhigt?

Aufgrund der internationalen Entwicklungen - europäische Integration, GATT, Ostöffnung - wird der Spielraum für eine eigenständige Agrarpolitik immer enger, und es nimmt der Druck auf die Agrarpreise zu. Österreichs Bauern werden vom Produzenten sowohl vom Westen wie auch vom Osten bedrängt, die mit wesentlich günstigeren Produktionsvoraussetzungen, geringeren Kostenbelastungen und vor allem auch weniger strengen Umweltauflagen auf unsere Agrarmarkt drängen.

Ein EG-Beitritt bedeutet für die Landwirtschaft, daß wir mit dem Bei-trittstag grundsätzlich die gemeinsame Agrarpolitik der EG übernehmen. Das führt zu wesentlich niedrigeren Erzeugerpreisen, zu einer Verschärfung des Wettbewerbs auf den österreichischen Agrarmärkten und zu Marktanteilsverlusten im Inland.

Auch ist zu beachten, daß die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik zum Zeitpunkt eines möglichen EG-Beitrittes bereits voll wirksam ist. Diese Reform bringt weitere Preissenkungen, die bei Getreide mit 29 Prozent am gravierendsten sind. Die Preissenkungen aufgrund der EG-Agrarreform werden jedoch durch verschiedene Prämien ausgeglichen. Für die Differenz vom österreichischen Agrarpreisniveau auf das derzeitige EG-Agrarpreisniveau gibt es jedoch seitens der EG keinen Ausgleich. Die Bewältigung dieses Anpassungsschrittes ist das Hauptproblem für die Landwirtschaft.

Auch zeigt sich, daß trotz der Reform der Agrarpolitik, die den bäuerlichen Familienbetrieb stärker betont, der Trend zu größeren Einheiten unvermindert weitergeht. All das macht den Bauern natürlich Angst.

Wenn es nicht gelingt, den Landwirten in dieser schwierigen Situationpositive Zukunftsperspektiven zu bieten, wird vor allem die bäuerliche Jugend in Scharen die Landwirtschaft verlassen, außerdem wird man die Bauern nicht dazu bewegen können, für einen EG-Beitritt zu stimmen.

Die verantwortlichen politischen Kräfte in unserem Land sind aufgefordert, rasch Maßnahmen zu setzen, um die gewachsenen bäuerlichen Traditionen und Kulturen, unsere Kulturlandschaft, die unentbehrlichen Lebensgrundlagen und unsere bäuerlichen Familienbetriebe solidarisch abzusichern.

Es ist unverantwortbar, die Preise bereits jetzt an das EG-Niveau anzugleichen, solange die heimischen Bauern noch mit wesentlich höheren Kosten (Betriebsmittel, Hagelversicherung, Wegebau...) belastet sind. Zusätzlich zu den Kostenentlastun-gen braucht die Landwirtschaft ein gutes Verhandlungsergebnis mit der EG und vor allem die innerösterreichische Bereitschaft, eine bäuerliche flächendeckende Landwirtschaft aufrechtzuerhalten. Eines zeigt sich deutlich: Auch wenn optimal verhandelt wird, sind umfassende innerösterreichische Maßnahmen notwendig, um die drohenden Einkommensverluste für die Landwirtschaft ausgleichen zu können. Der Autor ist EG-Referent der Landeskammer.

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