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Die Spannungen abbauen

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Österreich ist schützenswert. Das Bekenntnis zur Umfassenden Landesverteidigung (ULV) als Summe aller Maßnahmen zum Schutze Österreichs, der Demokratie und Freiheit dieses Landes und seiner Einwohner ist ein Bekenntnis zu Österreich.

Wie passen nun Zivildiener in dieses Gedankengebäude? Jene Zivildiener, die aus ehrlicher Gewissensüberzeugung den Dienst mit der Waffe ablehnen, verdienen unseren Respekt. Freilich gilt es immer wieder, kritisch zu prüfen, ob nicht vielleicht ein anderer Antrieb als das Gewissen die Entscheidungsgrundlage gebildet hat. Hier stellt sich aber die berechtigte Frage, ob eine Person oder auch eine Kommission dazu überhaupt in der Lage sein kann.

Was können wir nun dagegen unternehmen, daß der Zivildienst nicht als Einrichtung für wortgewandte „Drückeberger" in Verruf kommt?

Der erste und dringend notwendige Schritt ist hier der Abbau bestehender Ungerechtigkeiten zwischen Zivildienern und Präsenzdienern, besonders hinsichtlich der täglichen Dienstzeit und der finanziellen Entschädigungen.

Darüber hinaus gibt es jedoch eine ganze Reihe systembedingter Unterschiede. Die für Präsenzdiener notwendige Kasernierung ist für Zivildiener ebenso unsinnig wie die Anwendung der strengen militärischen Rechtsvorschriften.

Zum Ausgleich dieser systembedingten Nachteile soll daher der Zivildienst verlängert werden. Ein zusätzlicher Vorteil bestünde darin, daß der „Tatbeweis", nämlich die Bereitschaft, einen längeren Ersatzdienst an-

stelle des Präsenzdienstes abzuleisten, die Glaubwürdigkeit der Gewissensgründe weitaus eher widerzuspiegeln vermag als die Befragung durch eine Kommission.

Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt ist die Frage nach dem Einsatzbereich von Zivildienern. Es erscheint selbstverständlich, Personen, die aus Gewissensgründen ihren Dienst nicht beim Heer ableisten wollen, auch nicht in Hilfsfunktionen der militärischen Landesverteidigung einzusetzen.

Wenn aber Zivildiener zum Beispiel im Rahmen der Umfassen-

den Landesverteidigung dazu eingesetzt werden, Flüchtlinge und Verwundete zu betreuen, so steht das in keinem Widerspruch zur Gewissensentscheidung. Im Gegenteil: Die Berufung auf Gewissensprobleme verliert an Glaubwürdigkeit, wenn hier das Wohl des Nächsten völlig aus den Augen verloren wird.

Ein möglicher Weg zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedürfnisse von Wehrdienstverweigerern wäre ein „differenzierter Zivildienst". Zivildiener, deren Gewissensproblem sich auf das Tragen oder Verwenden einer Waffe beschränkt, könnten einen Dienst ohne Waffe im Heer bei gleicher Dauer und unter gleichen Bedingungen wie Präsenzdiener ableisten.

Zivildiener, die für sich den Dienst beim Heer ausschließen, könnten in anderen Bereichen der ULV, besonders in der zivilen

Landesverteidigung, eingesetzt werden. Das Spektrum reicht hier von Maßnahmen des Zivilschutzes bis zu Strategien nichtmilitärischer Verteidigungsformen. Kasernierung und militärische Rechtsvorschriften scheinen nicht sinnvoll. Dafür wäre aber eine ausgleichende Verlängerung auf etwa elf Monate notwendig.

Jenen Wehrdienstverweigerern, die ihrer Gewissensentscheidung nach ausschließlich im Sozialbereich eingesetzt werden wollen, soll diese Möglichkeit geboten werden. Dieser „Soziale Zivildienst" könnte so etwas wie ein „Friedensdienst hier und jetzt" sein. Da auch die innere soziale Stabilität eine wichtige Komponente der Verteidigungsbereitschaft zu sein scheint, ist auch diese Form ein Beitrag zur Landesverteidigung. Weil es sich aber hierbei um einen Ersatzdienst im weiteren Sinne handelt, soll dieser Dienst 14 Monate dauern.

Die Durchführung des Grundlehrgangs für Zivildienstleistende ist auch in diesem dreiteiligen Konzept wichtig, da grundlegende Kenntnisse über Selbst- und Katastrophenschutz, in politischer Bildung etc. völlig unabhängig vom späteren Einsatzort sinnvoll sind.

Jedenfalls müssen, als Teil der Bemühungen um Frieden, die Spannungen zwischen Militär und ehrlichen Zivildienern abgebaut, Verständnis für die jeweiligen Auffassungen geweckt und eine gemeinsame Gesprächsbasis entwickelt werden. Das gemeinsame Ziel, der Frieden in Freiheit und Gerechtigkeit, sollte hierfür die notwendige, aber auch hinreichende Grundlage sein.

Der Autor ist Schulungsreferent des Mittelschüler-Kartell-Verbandes (MKV).

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