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Digital In Arbeit

Die Spielregeln des Arbeitsrechtes

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Auch die berufliche Laufbahn wird durch rechtliche Normen geregelt. Ihre Kenntnis ermöglicht - je nach Qualifikation - einen Handlungsspielraum bei Vertragsabschluß.

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Auch die berufliche Laufbahn wird durch rechtliche Normen geregelt. Ihre Kenntnis ermöglicht - je nach Qualifikation - einen Handlungsspielraum bei Vertragsabschluß.

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Das Arbeits- und Berufsleben ist ein Bereich, der in den letzten Jahren immer stärker verrecht-licht wurde. Die Berücksichtigung einer persönlichen Check-Liste, eine Stärken-Schwächen-Analyse und ein konkretes, gut abgefaßtes Bewerbungsschreiben sind deshalb für eine erfolgreiche Laufbahn nicht genug. Grundkenntnisse des Arbeitsrechtes bringen auf jeden Fall Vorteile. Nicht zuletzt den, daß man — je nach Qualifikation — über einen gewissen Verhandlungsspielraum beim Vertragsabschluß verfügt.

Die folgenden Hinweise sind allerdings nur ein grober Uberblick. Bei gröberen Problemen wird ei-

nem der Gang zu einem Experten ohnehin nicht erspart bleiben. Weiters soll hier aus Platzgründen nur das Arbeitsrecht für Angestellte behandelt werden.

Nach den Bestimmungen des allgemeinen Zivilrechtes herrscht in Osterreich Vertragsfreiheit. Das heißt, was zwei Vertragspartner vereinbaren wollen, bleibt ihnen selbst überlassen. Was den Inhalt eines Arbeitsvertrages betrifft, so sind im Laufe der Entwicklung — zum Schutze des als wirtschaftlich schwächer eingestuften Arbeitnehmers - weite Teile der freien Vereinbarung entzogen und durch generelle Vorschriften geregelt worden.

Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen für das Arbeitsverhältnis von Angestellten sind:

• Angestelltengesetz

• Kollektivvertrag

• Betriebsvereinbarungen

• Einzelvereinbarungen Kollektivverträge sind Vereinbarungen zwischen den Vertretern der Arbeitnehmer (die einzelnen Fachgewerkschaften und der österreichische Gewerk-

schaftsbund) und den Vertretern der Arbeitgeber (Handelskammer, diverse Kammern der freien Berufe und deren Organe). Die Kollektivverträge sind sehr engmaschig und enthalten eine Fülle von Bestimmungen. Die wichtigsten Punkte sind:

• Anstellung, Dienstpflicht und Arbeitszeit;

• Gehaltszuordnung (Mindestentgelt) und Sonderzahlungen sowie

• Urlaub, Kündigung und Abfertigung.

Welcher Kollektivvertrag für Sie zutrifft, erfahren Sie bei den jeweiligen Einigungsämtern (sie sind dem Sozialministerium unterstellt) in den Landeshauptstädten. (Das Wiener Einigungsamt im 8. Bezirk, Schlesinger-platz 2, ist die einzige Hinterlegungsstelle für alle Kollektivverträge.)

Seinen persönlichen Kollektivvertrag zu kennen ist deshalb so wichtig, weil der Stufenbau vom Angestelltengesetz bis zur Einzelvereinbarung gleichzeitig eine Rangordnung darstellt. Es gilt das Prinzip „Besser ja - schlechter nein“. Das heißt, gesetzliche Bestimmungen zugunsten des Arbeitnehmers können nicht durch nachrangige Rechtsquellen abgeändert werden.

Einige Beispiele: Die Kollektiv-vertragsentgelte sind Mindestentgelte. Sie können durch Vereinbarung überr, aber nicht unterschritten werden. Die Ürlaubs-vorschriften sind ebenfalls zwingend. Es gibt keinen generellen Verzicht auf Urlaub. Der Urlaubsanspruch kann höchstens .vertraglich verlängert werden. Ähnliches gilt für Kündigungsfristen. Auch sie können vertraglich nur verlängert werden. Günstigere Vereinbarungen können also durch Arbeitsverträge jederzeit getroffen werden. (Entsprechende Überlegungen und Checkliste siehe Kasten.)

Ein Arbeitsvertrag kann auf bestimmte oder unbestimmte Zeit abgeschlossen werden und ist an keine bestimmte Form gebunden. Er kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Auch eine „schlüssige“ Handlung genügt, wenn zum Beispiel ein Arbeitnehmer, dem ein Angebot für eine bestimmte Tätigkeit gemacht wurde, zum vorgeschlagenen Termin am Arbeitsplatz erscheint.

In den meisten Verträgen ist eine Probezeit von einem Monat vorgesehen. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis ohne Angabe von Gründen von beiden Seiten aufgelöst werden.

Das Arbeitsrecht beinhaltet

wechselseitige Rechte und Pflichten der Vertragspartner. Die Pflicht zur Arbeitsleistung ist die HauptvefbindKchkeit eines Ar^ beitnehmers. Ihr steht das Muß des Arbeitgebers zur Zahlung des Entgeltes gegenüber.

Weiters gilt für den Arbeitnehmer die Sorgfaltspflicht. Sie besagt, daß die vereinbarte Arbeitsleistung nach besten Kräften und der nötigen Sorgfalt durchzuführen ist.

Die „Verpflichtung zur Treue“ heißt für einen Dienstnehmer, die schutzwürdigen Interessen wie Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse seines Arbeitgebers zu wahren, keine Geschenke von Dritten

(etwa für bevorzugte Behandlung) anzunehmen usw.

Für den Arbeitgeber gut neben der Bindung an Entgeltzahlung die Fürsorgepflicht wie ord-nungsmäße Anmeldung zur Sozialversicherung, Schutz der Gesundheit durch Bereitstellen von Schutzanzügen und dergleichen.

Der Mindesturlaub ist seit 1985 österreichweit einheitlich geregelt und beträgt derzeit fünf Wochen. Anspruch auf Urlaubsantritt besteht erst nach sechs Monaten ununterbrochener Tätigkeit. Frühere Urlaubsmöglichkeiten hängen von der Kulanz des Dienstgebers ab.

Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kann entstehen durch:

• Auflösung während der Probezeit;

• Rücktritt etwa bei Konkurs des Arbeitgebers;

• einvernehmliche Auflösung;

• Kündigung, Entlassung und Austritt (siehe Kasten).

Eine Abfertigung als finanzielle Konsequenz gebührt aufgrund des Angestelltengesetzes einem Arbeitnehmer dann, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens drei Jahre gedauert hat und aus folgendem Grund gelöst wurde:

• Kündigung durch den Arbeitgeber;

• Erlangung des Pensionsalters, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre gedauert hat;

• einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses, Jedoch nicht, wenn der Arbeitgeber einer solchen Auflösung nur unter der Bedingung des Verzichtes auf Abfertigung zustimmt. Dann nämlich ist es Selbstkündigung;

• ungerechtfertigte Entlassung bzw. gerechtfertigter vorzeitiger Austritt.

Die Höhe der Abfertigung richtet sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und liegt zwischen zwei und zwölf Gehältern plus einem aliquoten Anteil der Sonderzahlungen.

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