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Die Stadt und der Krieg am Balkan

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Der international bekannte Architekt und ehemalige Bürgermeister von Belgrad, Bogdan Bogdanovic, analysiert in seinem komplexen Essay „Die Stadt und der Tod" die systematische Zerstörung der Städte und des zivilen, multikuturellen städtischen Lebens im ehemaligen Jugoslawien.

Der Autor, der 1981 aus der Serbischen Akademie der Wissenschaften austrat und heute zu den bedeutendsten serbischen Dissidenten zählt, verteidigt „eine Stadt nach Maß des Menschen", er plädiert hier für eine offene Stadt, die nur dann „eine wahre Stadt ist, wenn sie ihre Persönlichkeit hat, ihr psychologisches Profil, ihren Charakter, ihre Erscheinung, ihre Art des Umgangs mit sich selbst und mit der Außenwelt, mit fremden Gästen, mit der Umwelt, mit der Natur, mit anderen Städten".

Die Essays von Bogdanovic sind viel mehr als nur kluge Unterweisungen in Sachen Architektur und Kunstgeschichte. Stilistisch brillant geschrieben, erstaunlich komplex trotz der nötigen Differenzierungen bei der Analyse der Problematik, erhellen sie die Triebkräfte des Aufstiegs und Falles von Zivilisationen. Dieser weise Serbe ist ein radikaler Kritiker des schändlichen Krieges auf dem Balkan, der Zerstörung der Städte Vuko-var, Mostar, Sarajewo und allen anderen. Im Essay „Rituelles Städtemorden" schreibt erohne Wenn und Aber: „Wir werden - und zwar wir, die serbische Seite - wir werden als die Städtezerstörer, die neuen Hunnen, in Erinnerung bleiben."

Bogdanovics Menetekel gegen die Verkürzung des Denkens und Fühlens, sein Lamento wegen der Irrwege des faschistoiden Militarismus und Nationalismus, ist reich an Ideen und Stilformen. Die Essays von Bogdanovic machen nachdenklich, sie beunruhigen.

DIE STADT UND DER TOD. Von Bogdan Bogdanovic. Aus dem Serbischen von Klaus Detlev Olof. Wieser Verlag, Klagenfurt/Salz-burg 1993. 66 Seiten, öS 128,-.

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