6912535-1981_14_04.jpg
Digital In Arbeit

Die ständige Versuchung

19451960198020002020

Was schon wiederholt, nicht zuletzt in der FURCHE, befürchtet wurde, beginnt nun einzutreten: die Befürworter der „Idee“, Regierungsvorhaben mit Hilfe der Banknotenpresse zu finanzieren, gewinnen an Boden. Das geht aus dem Entwurffür das SPÖ- Wirtschaftsprogramm hervor.

19451960198020002020

Was schon wiederholt, nicht zuletzt in der FURCHE, befürchtet wurde, beginnt nun einzutreten: die Befürworter der „Idee“, Regierungsvorhaben mit Hilfe der Banknotenpresse zu finanzieren, gewinnen an Boden. Das geht aus dem Entwurffür das SPÖ- Wirtschaftsprogramm hervor.

Werbung
Werbung
Werbung

Im Abschnitt „Moderne Budgetpolitik“ wird mit Recht festgestellt, daß die Aufbringung der für die Budgetfinanzierung notwendigen Mittel über Steuern an psychologische Grenzen stößt und immerhin empfohlen, den (vermeintlich noch vorhandenen) Spielraum für eine neue Kreditausweitung nur „vorsichtig“ zu benützen.

Im Abschnitt „Stabile Währung“ soll offenbar der Ausweg aus der Finanzierungssackgasse gefunden werden: die Notenbank soll die Strukturpolitik der Regierung dadurch unterstützen, daß sie „gezielte Offen- Markt-Operationen“ (wenn auch - zunächst - „in beschränktem Ausmaß“) durchführt, das heißt durch Ankauf von Wertpapieren das benötigte Geld zur Verfügung stellt.

Gemäß dem Abschnitt „Vollbeschäftigung durch eine moderne Wirtschaftsstruktur“ soll der ERP-Fonds, der der Regierung zur Gewährung zinsbegünstigter Investitionskredite an die Wirtschaft zur Verfügung steht, mit Hilfe der österreichischen Nationalbank „ausgebaut“ werden.

Die Rolle, die der Nationalbank zur Finanzierung des Wirtschaftsprogramms zugedacht ist, läßt sich aber erst aus den Vorstellungen erkennen, die der Finanzminister zur Diskussion gestellt hat. Demnach sollen Finanzierungshilfen für leistungsbilanzverbessernde Investitionen und für die Förderung der Überleitung von Forschungsergebnissen zur industriellen Produktion durch die österreichische Investii tionskredit AG finanziert werden, die das Geld dazu durch den Ankauf ihrer Papiere durch die österreichische Nationalbank erhalten soll.

Damit würde abermals von der Nationalbank eine Verletzung des Nationalbankgesetzes verlangt, das sie lediglich berechtigt, aus währungspolitischen Gründen auf dem offenen Markt zu kaufen und zu verkaufen, das heißt nur dann, wenn sie eine Veränderung der Geldmenge im Interesse ihrer Funktionen als „Hüterin der Währung“ Tür notwendig hält.

Wenn das Zahlungsbilanzdefizit durch Kapitalimport ausgeglichen wird (wie das SPÖ-Wirtschaftsprogramm verlangt), wird in einer Zeit nur langsam wachsender, zunächst sogar wahrscheinlich schrumpfender Volkswirtschaft der Raum für eine Ausweitung der Geldmenge, die die Stabilität der österreichischen Währung nicht noch mehr gefährdet (die derzeitige Inflationsrate beträgt immerhin schon sechs bis sieben Prozent), sehr eng bemessen sein.

Da der Kreditapparat jederzeit mit einer gewissen Refinanzierung bei der Notenbank rechnen können muß, ist auch die Möglichkeit, die Geldschöpfung durch Wechselankauf und durch Belehnung von Wertpapieren (Lombardgeschäft) durch Wertpapierankauf zu ersetzen, nur in engen Grenzen möglich.

Sicherlich gesetzwidrig wäre auch die Zusage fixer Rahmen durch die österreichische Nationalbank, innerhalb welcher die Investkredit jederzeit (also ohne Rücksicht auf die währungspolitische Situation) damit rechnen kann, daß ihr ihre Papiere abgenommen werden.

Diese Absichten des Finanzministers sind auch innerhalb der Nationalbank sehr kritisch aufgenommen worden. Während die Notenbank nämlich die Eskontierung von Wechseln und die Ansuchen um Gewährung von Lombarddarlehen jederzeit ohne Angabe von Gründen ablehnen kann, um ihre währungspolitischen Aufgaben erfüllen zu können, ist das im Falle der fixen Zusage von Offen-Markt-Operationen nicht möglich, sobald von der Invest- kre’dit im Vertrauen auf die zugesagte Refinanzierung Kredite gewährt wurden.

Die Offen-Markt-Geschäfte der Nationalbank sind in den letzten drei Jahren rasch von rund fünf Milliarden Schilling auf etwa das Doppelte angewachsen, die hauptsächlich für den ERP-Fonds der Bundesregierung, die Kontroilbank und die Investkredit, also nicht dem Kreditapparat in seiner Gesamtheit, eingeräumt wurden.

Daraus geht schon hervor, daß es sich bei diesen Offen-Markt-Operationen nicht tatsächlich um Ankäufe von Wertpapieren auf dem offenen Markt handelt, sondern um die Privilegierung einzelner Institute durch diesen Weg der Geldschöpfung und Geldverteilung.

Dazu kommt noch, daß der Ankauf nicht zu Marktkonditionen erfolgt, sondern zu stark verbilligten Kosten, etwa in der Höhe des Lombardsatzes (dzt. 7,25 bis 8,25 Prozent) oder sogar darunter, die mit dem Nutznießer dieser Geldquelle jeweils vereinbart werden. Damit ist man auf dem besten Weg, die Privilegierung einzelner Unternehmungen wieder einzuführen, die mit der Nationalbankgesetznovelle 1969 mit Recht abgeschafft wurde, nämlich den Privateskont, der auch einzelnen Nicht-Kreditunternehmungen den direkten Zugang zum billigen Zentralbankgeld ermöglicht hatte.

Die Gefahr, die mit einer solchen Vorgangsweise für den Schilling verbunden ist, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden: dem Weg, die Inve- stitions- und Forschungstätigkeit der Wirtschaft durch direkte Subventionen, Zinsenstützungen oder Haftungsübernahmen aus dem Budget zu finanzieren, sind (auch wenn das heute noch nicht von allen Maßgeblichen erkannt wird) doch gewisse finanzielle Grenzen gesetzt.

Sobald aber die Banknotenpresse in den Dienst dieses Systems einer ihrem Wesen nach wenig effizienten und letzten Endes behördlich-willkürlichen Investitionslenkung gestellt wird, werden diese Grenzen soweit hinausgeschoben, daß sie nur in steigenden Inflationsraten - im nachhinein - erkennbar werden. Der Sprung von sieben Prozent auf eine zweistellige Inflationsrate ist dann bald getan!

Und was soll dann schließlich in Zukunft die Investkredit, deren Eigentümer vor allem die verstaatlichten Banken sind und an der sich nach dem SPÖ-Wirtschaftsprogramm der Bund überdies noch direkt beteiligen soll, noch hindern, aus einem solchen festen Offen-Markt-Rahmen die Budgetdefizite mit billigem Notenbankgeld anstelle von teurem Auslandsgeld zu finanzieren?

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung