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Die T anker von Hormuz

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Amerikanische Kriegsschiffe sichern die für Europa lebenswichtigen Ölimporte aus dem Persischen Golf. Doch nun sollen auch die Europäer den Kopf hinhalten.

Präsident Reagan hat auf dem letzten westlichen Gipfeltreffen in Italien nichts unversucht lassen, um die europäischen Verbündeten der USA - und da vor allem die seefahrenden Nationen England und Frankreich - zu bewegen, sich an der militärischen Garantie der freien Schiffahrt durch die Stf aße von Hormuz zu beteiligen. Die gleiche Aufforderung wird der Präsident an Japan richten.

Dabei ist es weniger der Präsident. als der Kongreß, der sich ge-radezu vehement gegen einen Alleingang der USA ausgesprochen und der auch gefordert hat, die Verbündeten in die Strategie einzubeziehen.

Auf seiten des Kongresses sind es keineswegs allein die tragischen Ereignisse um die „Stark“, die zu der Forderung auf Mit-En- gagement der Europäer und Japaner führten. Natürlich fühlen sich die Amerikaner wieder einmal im wahrsten Sinne des Wortes „getroffen“, ist auf dem Washingtoner Kapitolhügel das Wort vom „für andere die Kastanien aus dem Feuer holen“ gefallen. Mehr noch aber spielt eine Rolle, daß das öl, das durch die Straße von Hormuz transportiert wird, weniger den Amerikanern, als vorwiegend den Japanern und Europäern zugute kommt.

Hier die eindeutige Statistik: Japan bezieht 56 Prozent seines Bedarfs oder täglich etwa 2,5 Millionen Barrel öl aus der Region des Persischen Golfes. Westeuropa kommt dabei auf 27 Prozent seiner Gesamtimporte oder täglich auf 3,2 Millionen Barrel, während die USA auf kaum fünf Prozent Ol aus dem betreffenden Gebiet angewiesen sind. Es würde also Japan vor allem und dann die Westeuropäer treffen, wenn es dem Iran gelänge, den Persischen Golf und seine Hormuz-Meerenge für Öltanker zu sperren und unpassierbar zu machen.

Dabei darf nicht übersehen werden, daß die Bedeutung der Tankerwege durch den Persischen Golf nicht mehr den Stellenwert vergangener Jahre hat: • Immer größer werdende Olmengen werden nicht mehr von Tankern befördert, sondern via

Pipelines ans Mittelmeer oder in das Rote Meer gepumpt. Das trifft für nahezu die gesamte Ölproduktion des Irak in Höhe von 1,7 Milliarden Barrel pro Tag zu, die zum saudischen Hafen Yanbu am Roten Meer oder zu dem türkischen Hafen Dortyol gepumpt werden.

• Hinzu kommt, daß die Saudis „vorgebaut“ und weltweit große Mengen ihrer Förderung der letzten Jahre auf stillgelegten Tankern oder in gemieteten Land-Lagerstätten untergebracht haben. In Houston, von wo aus der weltweite ölmarkt nach wie vor sehr aufmerksam beobachtet wird, heißt es, daß die Saudis auf diese Weise an die 80 Millionen Barrel vorratslagernd untergebracht haben - ein Ausfall der Lieferungen aus dem Persischen Golf würde also, darin sind sich auch Marktkenner in Wall Street einig, keine unmittelbaren Probleme hervor- rufen.

Es ist nicht die gegenwärtige Lage am ölmarkt, die Amerika veranlaßt, den freien Schiffsverkehr im Golf so hartnäckig und energisch zu fordern. Es ist auch mehr als nur - obwohl das sicher lich eine Rolle spielt -, das nachdrückliche Eintreten für international garantierte Freizügigkeit in internationalen Gewässern.

Es ist der Gedanke an kommende Jahre, es ist die Furcht für die Zukunft, die Amerika heute wenn nötig auch zum harten Durchgreifen veranlaßt: Denn der heutige Ölüberfluß ist vorübergehend — schon 1995, so alle Experten in den USA, ist Amerika darauf angewiesen, 48 Prozent seines Ölbedarfs einzuführen.

Heute sind das nur 16 Prozent, während des Ölschocks von 1979 waren es 38 Prozent. Das zeigt, wie verwundbar die USA bald wieder sein werden. Wie viel verwundbarer werden dann aber Japaner und Europäer sein?

Und wenn nicht heute energisch durchgesetzt wird, daß internationale Gewässer nicht zum Spielplatz kriegführender Nationen gemacht werden dürfen, dann wird das, wenn die Schifffahrtswege dringender benötigt werden, erst recht nicht möglich sein — so die vorherrschende Meinung in politischen Kreisen Washingtons.

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