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Die Tellerwäscher haben ausgeträumt

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Es war so einfach, reich zu sein in Amerika. Es gab keine Neider, die Reichen wurden bewundert. Jeder träumte den Traum vom Tellerwäscher. Schließlich war es ur-amerika-nisch, reich zu werden, reich zu sein.

Aber damit ist es vorbei. Reichtum, so er erhalten werden konnte, wird zur Belastung: Nicht nur, daß erstmals in der jüngeren Geschichte Amerikas die Reichen beim „Volk" schlecht angesehen sind - mehr noch: In der Wahlkampf-Rhetorik wird gegen die Reichen gewettert, sie werden von zusätzlichen Steuern bedroht, Aktienbesitzer machen Front gegen zu gut bezahlte Direktoren und Generaldirektoren. Kein Zweifel: Reichsein ist in Amerika plötzlich verpönt.

Robert Frankel, Cadillac-Händler in Baltimore, brachte das alles in einem Interview mit den Worten zum Ausdruck: „In den achtziger Jahren war es ein erhebendes Gefühl, Geld zu machen, Geld zu mehren, da zeigte man stolz, daß man es geschafft hatte, daß man reich war. Jetzt wird es eher bösartig: Man muß erschrocken, verlegen darüber sein, wenn man sehr viel Geld verdient. Dabei war das Geldmachen einmal der amerikanische Traum..."

Sowohl Republikaner als auch Demokraten nutzen die Anti-Reichen-Stimmung im Lande im Wahlkampf um das Amt des Präsidenten aus. Bill Clinton beispielsweise und andere Demokraten werden nicht müde, diese Statistik zu wiederholen: Jene superreichen Amerikaner, die ein Prozent der gesamten Bevölkerung ausmachen, vereinnahmten 60 Prozent des totalen ökonomischen Wachstums der

letzten zwölf Jahre. Diese ein Prozent machen etwa 2,5 Millionen Amerikaner aus - und sie verdienen, so eine weitere Statistik, gegenwärtig im Jahr zusammen so viel wie jene 100 Mil-

lionen Amerikaner, aenen es mcni besonders gut geht.

Eine vierköpfige Familie, so definierte kürzlich das „Wall Street Journal", muß ein Jahreseinkommen von

wenigstens 340.000 Dollar haben, um in die Kategorie der Reichen zu kommen. Berufsmäßig gehören sie vorwiegend zu den Börsenmaklern, Ärzten und Anwälten, Sportlern, Bühnen- und Filmstars und Generaldirektoren. Nur die Hälfte ihrer Einkommen übrigens beziehen diese Menschen aus Gehältern: Dividenden und Zinsen sowie Aktienspekulationen tragen wesentlich zum Einkommen bei.

Endgültiges „Aus"?

Dabei ist es ein Mythos, daß die Super-Reichen in den USA eine homogene Gruppe alt-eingesessener „Geldleute" sind, mit bekannten Namen wie du Pont und Rockefeiler. Die Super-Reichen wechseln, sind mal oben, dann wieder unten - Schicksale wie die eines Donald Trump oder eines Ivan Boesky sprechen Bände: Sie waren bewunderte Milliardäre, verspielten aber Reichtum und Ansehen. Daß die Klasse der Super-Reichen unter Ronald Reagan geschaffen wurde, stimmt auch nicht. Nein, sie gab es schon vor Reagans Einzug ins Weiße Haus.

Dies allerdings sind Tatsachen: Während der Amtszeit Präsident Reagans wurden die Super-Reichen hofiert, wurden Gesetze und Verordnungen erlassen, die ihnen zugute kamen. Die ein Prozent der amerikanischen Super-Reichen zahlten 1977 rund 35,5 Prozent Steuern. Dieser Steuersatz war bis 1989, als Reagan das Weiße Haus verließ, auf 26,7 Prozent gesunken. Viel, \iep geringer ging der Steuersatz der übrigen US-Bevölkerung zurück.

So schnell ändern sich die Zeiten. Ob dieses „Aus" für die Reichen endgültig ist?

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