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Die Tore für westliche Kultur sind längst offen

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FURCHE: Welche Auswirkungen hat das politische Tauwetter bei den östlichen Nachbarn auf die kulturellen Beziehungen?

KÜRT JUNGWIRTH: Der Kulturaustausch zwischen der Steiermark und einigen Ostländem funktioniert schon seit den sechziger Jahren sehr gut. 1963 beispielsweise gab es bereits die „Trigon“ mit moderner Plastik mit Werken aus Jugoslawien, Italien und Österreich in Graz. Diese Ausstellung wurde auch in den „steirischen herbst“ integriert, den es seit 1968 gibt.

Wir stehen weiters in Graz vor einem Museumsneubau für zeitgenössische Kunst. Der Arbeitstitel ist „Trigon-Museum“. Die Sammlungen sollen sich hauptsächlich auf die Länder Italien, Ungarn, Jugoslawien und Österreich konzentrieren. Das Museum ist einBeispiel für eine historische Entwicklung, %lie schon in den sechziger Jahren begonnen hat.

Eine weitere Frucht der positiven Entwicklungen ist die Ausstellung des Malers Gerhardt Moswitzer in der Budapester Kunsthalle. Sie wurde von der Neuen Galerie Graz organisiert und kürzlich eröffnet.

FURCHE: Laufen Kulturkontakte nur über die offiziellen Stellen der jeweiligen Länder?

JUNGWIRTH: Viele Aktivitäten passieren bereits auf inoffizieller Ebene. So gibt es beispielsweise regen Erfahrungsaustausch zwischen Architekten, die sich um die Revitalisierung alter Stadtkerne bemühen. Wir sind ja das Tor zum Westen und man ist dankbar für jeden Kontakt, den wir bieten können.

FURCHE: Welche Länder haben ebenfalls ihre Tore der westlichen Kultur geöffnet?

JUNGWIRTH: Die Kontakte der Steiermark mit den anderen Ländern sind naturgemäß nicht so eng, weil es keine gemeinsamen Grenzen gibt. Polen engagiert sich auch sehr. So hat beispielsweise das Krakauer „Nowy Teatr“ mit großem Erfolg beim „steirischen herbst“ mitgewirkt. Mit dieser Stadt kooperieren wir auch bereits im Rahmen des „Internationalen Städteforums“. Dieses Grazer Forum, gegründet 1976, lädt Städte in Ost und West zu

Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit ein. Auch die baltischen Länder schauen intensiv Richtung Westen. Rege Kontakte bestehen zwischen Lettland und der Steiermark. Ausstellungen, Erfahrungsaustausch von Städteplanem und gegenseitige Besuche von Künstlern stehen bereits auf dem Programm. Derzeit wird eine Herbst-Ausstellung des Grazer Volkskundemuseums in Riga vorbereitet. Außerdem hoffen wir, daß auch Riga dem Städtebund beitritt.

FURCHE: Welche Chancen und Probleme ergeben sich denn für Österreichs — und damit auch die steirischen-Künstler, wenn derBin- nenmarktverwirklichtwird und wir der EG bei treten? Werden diese dann nicht auch stärker nach Westen schauen?

JUNGWIRTH: Im Zusammenhang mit der Europäischen Einigung wird kaum über Kultur ge-r sprechen. Das hegt sicherlich daran, daß diekulturellenBeziehungen ohnehin problemlos über alle Grenzen hinweg funktionieren. Aber es wird notwendig sein, die kulturelle Identität Gesamteuropas zu diskutieren und neu ZU definieren. Zu diesem Europa gehört auch Osteuropa. Von uns als Kulturland wird da eine Vorreiterrolle erwartet, der wir gerecht werden müssen.

Der geplanten Binnenmarkt ist eine Chance für unsere Kunst. Allerdings müssen die Künstler zum Markt kommen und nicht tungekehrt. Eine Sicht, die vielen Künstlern in Österreich noch Probleme bereitet.

Mit dem Larvdeahaupt- mannstellvertreter und Kulturlandesrat Professor Kurt Jungwirth sprach Elfi Thiemer.

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