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Die USA und wir
FURCHE: Wie beurteilen Sie die derzeitigen österreichischamerikanischen Beziehungen?
BOTSCHAFTER THOMAS KLESTIL: Zur Zeit als ganz ausgezeichnet. Daß es natürlich auch gegensätzliche Auffassungen zwischen dem kleinen neutralen zentraleuropäischen Staat Österreich und der Weltmacht USA gibt und geben muß, ist klar.
Ich glaube aber trotzdem, daß gerade in dieser Administration der Wert der Freundschaft auch mit kleinen Staaten stärker anerkannt wird als früher. Das ist belegbar etwa dadurch, daß vor der Reagan-Administration 15 Jahre lang kein österreichischer Außenminister offiziell Washington besucht hat. Hingegen sind in dieser Administration bereits alle drei österreichischen Außenminister - Pahr, Lanc und Gratz - in Washington gewesen.
Schließlich zeigt die Tatsache, daß wir zum ersten Mal in unserer Geschichte ein österreichisches Staatsoberhaupt in Washington gehabt haben, daß durch eine intensive Pflege der Besuchsdiplomatie die politische Existenz und der Wert der Existenz Österreichs in Washington anerkannt wird. Besonders unterstrichen wird hier unsere Rolle als Asylland für politische Flüchtlinge.
FURCHE: Wie steht es um die österreichisch-amerikanischen Beziehungen im wirtschaftlichen Bereich?
KLESTIL: Was die Wirtschaft betrifft, kennen Sie die Bedeutung des amerikanischen Marktes für den österreichischen Export: Die USA sind unser wichtigster überseeischer Handelspartner. Die Dollar-Entwicklung der letzten Jahre hat uns sehr geholfen, daß wir im vergangenen Jahr einen 60prozentigen Anstieg unserer Exporte erzielen und endlich unser Handelsbilanzdefizit mit den USA abbauen konnten. Die Bilanz ist heute nahezu ausgegli-
chen. Es geht also die erfolgreiche Intensivierung der politischen Beziehungen Hand in Hand mit einer Vertiefung der wirtschaftlichen aber auch kulturellen Kontakte.
FURCHE: Läßt sich der Stellenwert Österreichs in der amerikanischen Außenpolitik überhaupt exakt beschreiben?
KLESTIL: Wenn ich mich in die amerikanische Position hineindenke, dann habe ich natürlich als Supermacht mit globalen Interessen eine ganz andere Prioritätenliste. Und dann ist es überhaupt keine Frage, daß Österreich nicht mehr als ein kleines, aber liebenswertes Land ist.
Außenpolitik als ein Teil unserer Sicherheitspolitik muß zum Ziel haben, bei den Nachbarn und bei den Mächtigen in der Welt die Uberzeugung zu festigen: Es ist gut, daß es dieses Österreich gibt. Und insofern waren wir in Amerika ganz gewiß erfolgreich.
FURCHE: In dem kalten Klima des Ost-West-Verhältnisses der ersten Amtsjahre der Reagan-Administration hat es aber auch Österreich gefröstelt — Stichwort Technologietransfer. Ist der ganze Technologiestreit mittlerweile aus der Welt geschafft?
KLESTIL: Es ist klar, daß bei einer Verschärfung des Klimas zwischen den Weltmächten die Denkschablone bei einigen Leuten schwarzweiß wird. Das schafft ein Klima, in dem es schwieriger wird, eine eigene Position zu vertreten. Was den Technologietransfer anbetrifft, kann ich nur wiederholen, was bereits aus berufenem Regierungsmunde gesagt wurde: Österreich will und braucht Zugang zur amerikanischen Technologie, denn wir wollen den Anschluß an die Entwicklungen in diesem Bereich nicht verpassen.
Weil wir uns diesen Zugang erhalten wollen, müssen wir aber auch zur Kenntnis nehmen, daß es
unter Umständen gewisse Auflagen gibt. Diese Auflagen dürfen indessen nicht gelten - und das wird von amerikanischer Seite anerkannt—für selbstentwickelte österreichische Produkte. Uber diese Erzeugnisse wird völlig souverän in Österreich entschieden.
Wenn aber eine amerikanische Firma ein gewisses Produkt an eine österreichische Firma nur unter einer Auflage liefert, nämlich keinen Re-Export aus Österreich hinaus vorzunehmen, dann ist das ein Rechtsgeschäft mit einer genau bestimmten Klausel, die eingehalten werden muß.
Wenn es in der Vergangenheit vielleicht Mißverständnisse gegeben hat, war es in der Frage: Wie kann die Einhaltung dieser Klauseln in den Verträgen der Firmen kontrolliert und garantiert werden. Das wird zur Zeit überlegt und geprüft und ich bin sicher, daß wir eine Lösung finden werden.
FURCHE: Ist an der These etwas richtig, daß Österreich bei dieser ganzen Auseinandersetzung gewissermaßen ein Opfer regierungsinterner Meinungsverschiedenheiten in Washington war — Außen- und Handelsministerium gegen das Pentagon?
KLESTIL: Ich würde Österreich nicht als Opfer bezeichnen. Aber es ist zweifelsohne richtig, daß es hier inneramerikanisch lange Zeit die unterschiedlichsten Auffassungen bei verschiedenen Dienststellen gegeben hat. Es gab Unklarheiten über Kompetenzzuständigkeiten, und weil es auch für die Amerikaner ein neues Problem war, bei dem eine ganze Reihe von Ministerien und Agenturen ihre Zuständigkeit angemeldet haben, weil es ein Problem war, das man mit den Allüerten gemeinsam lösen wollte, wurde die ganze Sache so kompliziert.
Mit dem österreichischen Botschafter in den USA sprach in Washington FURCHE-Redakteur Burkhard Bischof.
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