7223170-1993_36_10.jpg
Digital In Arbeit

DIE ZUKUNFT GEHORT DEM BERUFSHEER

19451960198020002020

In den letzten Wochen wurde die innenpolitische Diskussion in Österreich unter anderem von der Problematik des starken Ansturms zum Zivildienst und den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf das Bundesheer geprägt.

19451960198020002020

In den letzten Wochen wurde die innenpolitische Diskussion in Österreich unter anderem von der Problematik des starken Ansturms zum Zivildienst und den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf das Bundesheer geprägt.

Werbung
Werbung
Werbung

Bei näherer Analyse der Wortmeldungen muß man leider den Eindruck gewinnen, daß nicht der Wille zur sachgerechten Problemlösung, sondern der Druck der bevorstehenden Nationalrats wählen und die damit verbundene Angst vor Stimmenverlusten im Vordergrund der Überlegungen stehen. Nur so ist es zu verstehen, daß man in der Regierung emsthaft überlegt, die derzeitige Zivildienstregelung auf weitere zwei Jahre zu verlängern.

Kern der seit Jänner 1992 geltenden Zivildienstreform war die Abschaffung der Zivildienstkommission, die bis dahin die Gewissensgründe der Zivildienstwerber zu prüfen hatte. Die Arbeit dieser Kommission wurde zurecht oft kritisiert, man hat es bei der Reform aber verabsäumt, andere Regelungsmechanismen einzuführen. Vielmehr sind jetzt nicht einmal mehr Waffenbesitz oder Vorstrafen wegen Körperverletzung Hinderungsgründe für den Zivildienst.

Somit ist der Zivildienst vom Wehrersatzdienst zum reinen Alternativdienst geworden. Der Wehrpflichtige kann sich praktisch frei entscheiden, ob er Dienst mit oder ohne Waffe machen möchte. Dies widerspricht nicht nur der Bundesverfassung, sondern gefährdet auch die Aufrechterhaltung der militärischen Landesverteidigung.

Die Zahl der Zivildienstanträge ist von 3.600 im Jahr 1990 auf über 12.000 1993 gestiegen. Damit fehlen dem Bundesheer bereits jetzt über 6.000 Grundwehrdiener zur Aufrechterhaltung des Mindestpersonalstandes von 34.000 Mann.

■ Diese Situation stellt mittlerweile bereits ein echtes Sicherheitsrisiko für Österreich dar. Deshalb ist es unumgänglich, daß raschest eine umfassende Diskussion zur Erarbeitung von Zielbestimmungen und Problemlösungen für die Landesverteidigung geführt wird. Parteipolitische Polemik und Wahltaktik sollten dabei keinen Platz haben, vielmehr sollte man jene Gremien, wie etwa den Landesverteidigungsrat oder den parlamentarischen Landesverteidigungsausschuß, aktivieren, die für eine derartige Sacharbeit geeignet sind.

Zivildienst verlängern

Aus Sicht der FPÖ ist es notwendig, zwei Ebenen zu betrachten. Kurzfristig muß versucht werden, durch Adaptierung des Zivildienstgesetzes und gleichzeitig durch Verbesserungen für die Grundwehrdiener den Zustrom zum Zivildienst zu bremsen. Dabei wird man um eine Verlängerung des Zivildienstes nicht herumkommen, wobei aber auf die Art der Tätigkeit der Zivildiener Rücksicht genommen werden sollte.

Grundsätzlich sollten Zivildiener nur im Bereich der Umfassenden Landesverteidigung, bei Sozialdiensten und im Katastrophenschutz eingesetzt werden.

Für die Soldaten sollte durch Taggelderhöhung, Reduzierung der Kasernierung, Fünftagewoche, Ausbildungsreform und Kasernensanieruag, sowie durch die Lockerung der strengen Disziplinarbestimmungen der Dienst mit der Waffe attraktiver gemacht werden. Ein echterBelastungs-ausgleich ist aber wohl kaum möglich, da sich der Grundwehrdiener allein schon durch die Verpflichtung, im Ernstfall sein Leben zu riskieren, in einer Ausnahmesituation befindet.

Mittel- und langfristig wird man aber mit dem derzeitigen System der Wehrpflichtigenarmee kaum auf die neuen Bedrohungsbilder in Europa reagieren können.

Budgetmittel sichern

Die Zukunft wird wohl in der Bildung eines gut ausgebildeten und gut ausgerüsteten Berufsheeres mit einer Freiwilligenmiliz liegen, bei gleichzeitiger Einbindung des Bundesheeres in ein kollektives Sicherheitssystem.

Dafür sind aber auch die nötigen Budgetmittel bereitzustellen. Österreich ist in Europa seit Jahren absolutes Schlußlicht bei den Verteidigungsausgaben. Nachdem die Neutralität aufgrund der geopolitischen Lage lange ein bequemes Ruhekissen der Landesverteidigung dargestellt hat, ist es jetzt notwendig, die Versäumnisse der letzten Jahre zu beheben und die österreichische Sicherheitsrtolitik auf stärkere Beine zu stellen.

Letztlich muß bei allen Diskussionen um Zivildienst und Landesverteidigung ein Grundsatz im Vordergrund stehen: Die Gewährleistung der Sicherheit und Unabhängigkeit Österreichs und seiner Bevölkerung.

Der Autor ist Nationalratsabgeordneter und Generalsekretär der FPÖ. Er leistet derzeit seinen Präsenzdienst ab.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung