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Die Zusammenarbeit hat sich bezahlt gemacht

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Für einen längeren Zeitraum trauten sie offenbar einander nicht, nämlich Bund und Länder, als sie im Juni 1978 einen Staatsvertrag nach Artikel 15 a unserer Bundesverfassung schlössen -übrigens den ersten dieser Art seit Gründung der Republik - mit dem offiziellen Titel: „Vereinbarung über die Krankenanstaltenfinanzierung und die Dotierung des Wasserwirtschaftsfonds".

Artikel 2 dieses Vertrages bestimmt die Einrichtung eines Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds (KRA-ZAF), aber eines kurzlebigen. Denn, so heißt es in Artikel 24, „diese Vereinbarung wird für die Jahre 1978 und 1979 geschlossen". Daran schließt sich dann eine für österreichische Provisorien typische Bestimmung, nämlich daß die Vereinbarung jeweils um ein weiteres Jahr verlängert gilt, wenn sie nicht von einem Vertragspartner bis zum 30. Juni des jeweils letzten Jahres gekündigt wurde.

Eine solche Kündigung ist bis einließ-lich 30. Juni 1980 nicht geschehen, wodurch der bisher zwei Jahre alte (mit seiner halbjährigen Rückwirkung noch etwas ältere) KRAZAF bereits eine gesamte vierjährige Lebensdauer (1978 bis 1981) garantiert erhielt: Ein Anlaß zum kurzen Rückblick.

Der Bund erklärte sich für die Defizitabdeckung der Krankenanstalten für unzuständig, weil das Krankenanstaltenwesen nach unserer Verfassung nur in der Grundsatzgesetzgebung Bundessache, in der Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung aber Landessache ist.

Die Bundesländer wiederum baten den Bund mit dem Hinweis darauf zur Kasse, das Defizit bei den Krankenanstalten entstünde nur deshalb, weil die Sozialversicherungsträger mit dem Hinweis auf Uberforderung nur einen Teil der Selbskosten des Behandlungsfalles bezahlen, für deren angebliche Geldnot so wie für das Sozialversicherungswesen überhaupt der Bund in Gesetzgebung und Vollziehung zuständig und daher als indirekter Verursacher des Spitalsdefizits für dessen Abdeckung sorgepflichtig sei.

Durch die erwähnte Vereinbarung vom Juni 1978 sollte dieser Streit beigelegt werden. Die Sozialversicherungsträger leisten nach einer entsprechenden Beitragserhöhung Beiträge in den

Fonds, der im übrigen von Umsatzsteueranteilen des Bundes, der Länder und Gemeinden gespeist wird und so 1979 nahezu drei Milliarden Schilling eingenommen und dann auf die Krankenanstalten Österreichs als Betriebszuschüsse (zur teilweisen Abdeckung des Defizits in der laufenden Gebarung) und als Investitionszuschüsse (in der Regel nur bis zu 40 Prozent des Aufwandes für eine bestimmte Investition) verteilt hat.

Dabei ist sowohl das Verteilungssystem als auch die Abwicklung kompliziert und nicht leicht durchschaubar. Es braucht mehr als zwei Jahre, bis das Räderwerk der Fondsmaschinerie auf allen Ebenen halbwegs läuft: einer der Minuspunkte der ganzen Konstruktion.

Ein weiterer Minuspunkt besteht darin, daß man anläßlich der Schaffung

„Es braucht mehr als zwei Jahre, bis das Räderwerk der Fondsmaschinerie auf allen Ebenen halbwegs läuft"

des KRAZAF die Pflegegebührensätze der Sozialversicherungsträger an die Krankenanstalten in bundesländerweise verschiedener Höhe mit Ende 1977 einfrieren ließ und gesetzlich vorschrieb, daß sie sich - ohne Rücksicht auf die Spitalskostenentwicklung - nur im Verhältnis der Einnahmensteigerung der Sozialversicherungsträger erhöhen dürfen.

Dies ist übrigens jener Punkt, den Länder und andere Krankenanstaltenträger an die Spitze ihrer Forderungen stellten, als sie von Bundesminister Herbert Salcher eingeladen worden waren, ihre Vorschläge zur Novellierung der Fondsbestimmungen zu erstatten: die Pflegegebührenersätze der Sozialversicherungsträger müßten der Höhe nach auf die Selbstkosten des Spitals und deren Veränderung abgestellt werden, was ja einsichtig ist.

Daß es gegenwärtig zu einer vollen Selbstkostenabdeckung durch die Sozialversicherungsträger an die Spitäler kommen könnte, wagen nur Illusionisten oder vollkommene Neulinge in der Szene zu erwarten.

Daneben sind aber eine Reihe sehr

positiver Auswirkungen des KRAZAF nicht zu übersehen, die sein Weiterleben rechtfertigen, sobald die Pflegegebührenersätze der Sozialversicherungsträger wieder „spitalskostenrelevant" gestaltet wurden.

Das schon im Namen zum Ausdruck kommende Element der Zusammenarbeit von Bund, Ländern, sonstigen Spitalerhaltern und Sozialversicherungsträgern in der Fondsversammlung und in diversen Arbeitskreisen ist in dieser Art erstmalig in Österreich und im Wert nicht hoch genug einzuschätzen. Ganz deutlich ist dies jetzt zu erkennen, wo in vielen Besprechungen und Verhandlungen versucht wird, eine Novel-lierungslösung zu finden, die für alle Beteiligten tragbar ist.

Als begrüßenswert muß auch herausgestrichen werden, daß seit Wirksamwerden des KRAZAF eine Reihe von katholischen und evangelischen Krankenanstalten in Österreich, die zwar gemeinnützig geführt werden, aber das öffentlichkeitsrecht nicht besitzen, deren Existenz und gute Führung aber einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung leistet, erstmals oder zusätzlich Beiträge zum Betriebsaufwand und Investitionsaufwand aus öffentlichen Mitteln erhalten: als Rechtsanspruch!

Wenn eingangs in vielleicht rethori-scher Übertreibung vom Mißtrauen der Länder und des Bundes gegeneinander und davon die Rede war, daß dieses zu einer zweijährigen Befristung mit Verlängerungsautomatik jeweils nur um ein Jahr geführt hätte, so war jedenfalls die Vorsicht der Vertragspartner berechtigt, bei einer derartigen Neueinführung nur schrittweise vorzugehen und den nächsten Schritt erst zu tun, wenn man die Auswirkungen des vorhergehenden Schrittes feststellen kann.

Letzlich bleibt es erklärtes Ziel des KRAZAF, vom unbefriedigenden Be-triebsabgangsdeckungssystem (die höchsten Defizite bringen die größten öffentlichen Zuschüsse) weg zum leistungsgerechteren Zuschußsystem zu kommen und damit die besser wirtschaftenden Spitäler auch besser als bisher mit öffentlichen Mitteln zu do-tieren

Der Verfasser ist Rechtsanwalt in Linz und vertritt alle konfessionellen Spitäler Österreichs im Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds.

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