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Dieb von Bagdad

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„Ich habe noch niemals je- manden eigenhändig ermordet", antwortete der irakische Dikta- tor Saddam Hussein vor mehr als einem Monat auf die entspre- chende Frage einer amerikani- schen TV-Journalistin ohne mit der Wimper zu zucken.

Doch saß er bereits als Sieb- zehnjähriger wegen Mordes im Gefängnis. Der heute 53jährige Saddam Hussein Takriti, nach seiner Geburtsstadt Takrit be- nannt, der sich als Erbe des bibli- schen Nebukadnezar und als Nachfolger des ebenfalls in Ta- krit geborenen Salach a din an- sieht, hatte schon immer einen Hang zur Gewalt. Im Gefängnis schloß er sich der damals illega- len Baath-Partei an, die eine große arabische Nation bilden will und einen undefinierbaren Sozialismus predigt.

Als Saddam Hussein mit 22 Jahren aus dem Gefängnis kam, wurde er sofort in der Baath- Partei aktiv. Diese beschloß, den blutrünstigen Diktator Abed el Karim Kassem zu beseitigen. Saddam nahm an dem Attentat in Bagdad teil. Er schoß mit einer Maschinenpistole auf Kassem, tötete zwei Begleiter Kassems und zwei Baath-Attentäter, die auf der anderen Straßenseite stand- en. Kassem wurde nur schwer verletzt. Er kam bei einem zwei- ten Anschlag ums Leben. Sad- dam Hussein flüchtete nach Kai- ro, studierte Rechtswissenschaf- ten und kam erst 1963 nach Bag- dad zurück.

1968 stürzten die Baathisten General Abed el Salem Aref, der nach Kassems Ermordung die Baath in den Untergrund gejagt hatte. Saddams Freund, Oberst Achmed Hassan el Baker, wurde Präsident, Saddam selbst war als sein Stellvertreter für die innere Sicherheit verantwortlich. Er sorgte dafür, daß alle Gegner be- seitigt wurden.

Zehn Jahre diente Saddam Hussein seinem Freund, bereite- te dabei aber seinen Aufstieg langsam und sicher vor.Im Juli 1979 ließ er seinen Freund und Gönner wegen angeblicher Krankheit beseitigen. Kurz dar- auf begann eine Säuberungsak- tion, bei der fünf Mitglieder des Zentralkomitees der Baath-Par- tei gehängt wurden.

Der selbsternannte Marschall hat heute, zwei Jahre nach dem Waffenstillstand mit dem Iran, noch immer nicht die Gefange- nen ausgetauscht. Die Ölpreise waren gefallen, Iraks Wirtschaft ist krank, Saddam, der früher Fernsehgeräte kostenlos an Bauern verteilte, brauchte Gel- der zum Wiederaufbau seines zerbombten Landes. Stattdessen forderten die arabischen Staa- ten, die Irak mit mehr als 80 Millionen US-Dollar den Krieg gegen Khomeinis Iran finanzier- ten, ihre Gelder zurück.

Da stellte der Irak seine Geld- und Gebietsforderungen an Ku- weit. Als der Emir von Kuweit glaubte, sich auf das Verteidi- gungsabkommen mit den USA verlassen zu können und Sad- dams Drohungen nicht ernst- nahm, schlug der Diktator zu.

Inzwischen geht die Unter- drückungsmaschinerie im Irak weiter. Jeder, der sich weigert, das Bild des Marschalls Hussein in sein Schlafzimmer zu hängen, der mit Fremden ein Gespräch führt, läuft Gefahr, angezeigt zu werden. Im Irak gibt es eine halbe Million Denunzianten, Mitarbei- ter des Staatssicherheitsdienstes.

Wer allerdings nichts kritisiert, mit Begeisterung das Bild von Saddam Hussein, dem „Sohn der Sonne", bewundert, hat nichts zu befürchten. Saddam Hussein setzt außerdem auf seine Fami- lie: Jeder der drei Söhne und jede der zwei Töchte, viele Enkel und Vettern haben gute Regie- rungs- beziehungsweise Verwal- tungsposten: Auf sie kann sich der Diktator verlassen.

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