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Dienst nach Vorschrift
Über eine halbe Milliarde Schilling Umsatz macht Österreichs Wirtschaft durch Schulschikurse. Im nächsten Winter vielleicht nicht, denn die Lehrer drohen mit Dienst nach Vorschrift und Einstellung aller Nebentätigkeiten.
Über eine halbe Milliarde Schilling Umsatz macht Österreichs Wirtschaft durch Schulschikurse. Im nächsten Winter vielleicht nicht, denn die Lehrer drohen mit Dienst nach Vorschrift und Einstellung aller Nebentätigkeiten.
„Wenn die Regierung nicht einlenkt, ist ein heißer Herbst vorprogrammiert”, versichert Helmut Skala, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Lehrersektionen in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst der FURCHE: „Diese Regierung versteht in erster Linie eine Wirtschaftssprache, und wir sind bereit, sie zu sprechen!” Das bedeutet: ab Herbst keine Nebenleistungen (ob für Buchklub, Theater der Jugend, Jugendrotkreuz, Sammlungen, Schulsparen oder Milchaktion) und keine ein- und mehrtägigen Schulveranstaltungen (Schullandwochen, Schikurse), was sicher die Tourismusbranche trifft. Reservierungen sollen nur mehr unverbindlich erfolgen, um Stornokosten zu vermeiden.
Die Daten für die nächsten Runden im Konflikt der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst mit der Bundesregierung (FURCHE 23/1991) stehen fest: Am 20. Juni wird an allen Pflichtschulen, Berufsbildenden (mittleren und höheren) Schulen, Iand- und forstwirtschaftlichen Schulen und Berufsschulen gestreikt. Am 24. Juni verhandelt die Gewerkschaft mit dem Bundeskanzler über die Exekutive, die jüngst in Wien mit einer Demonstration ihre Forderungen betont hat.
Die Lehrer haben noch keinen Kanzler-Termin. Sie sehen die Gespräche mit Beamtenstaatssekretär
Peter Kostelka, der nur Zulagen in Einzelfällen anbot, als gescheitert an und sind nach Aussage Skalas,.kampfbereit”. Der Streik am 20. Juni, der 100.000 Lehrer und 450.000 Schüler betreffen wird, richte sich nicht gegen die Schüler, daher werden Reife- und Abschlußprüfungen sowie Konferenzen an diesem Tag durchgeführt.
Es geht um Forderungen der nicht akademisch ausgebildeten Lehrer, die seit sechs Jahren - damals wurden di: universitär ausgebildeten Lehrer aufgewertet - darauf warten, daß ihre Gehälter, die heute rund 15 Prozent hinter denen der graduierten Kollegen nachhinken, „nachziehen” und die frühere Differenz von etwa sieben Prozent wieder hergestellt wird.
Lehrberuf verlor Attraktivität
Gibt es einen Verhandlungsspielraum? Skala: „Nicht im Prozentsatz der Forderungen, eher im Zeitkalkül und in den höchsten Gehaltsstufen. Wir haben bewußt eine Anhebung der Gehälter in zwei Etappen, und zwar zunächst erst mit Juli 1992 und dann mit 1993 vorgeschlagen, um das Budget 1992 nicht voll zu belasten.”
Daß es keinen Pflichtschullehrer-Überschuß mehr gibt, ist für Skala ein Zeichen, daß der Lehrberuf an Attraktivität eingebüßt hat, was mit der Besoldung, aber auch mit den pädagogischen Rahmenbedingungen zu tun habe. Er verlangt, daß die Lehrerforderungen noch in der laufenden Legislaturperiode erfüllt werden, und läßt das Argument, die Regierung habe kein Geld nicht gelten: „Unsere Forderungen kosten netto nicht einmal zwei Milliarden Schilling. Der Kanzler hat erst vor kurzem in Prag der CSFR vier Milliarden angeboten.”
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