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Dienstrecht Gewünscht

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Zu zentralistisch sind sowohl den Professoren als auch den Assistenten die bisherigen Entwürfe für ein neues Hochschullehrerdienstrecht, um das seit Jahren gerungen wird.

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Zu zentralistisch sind sowohl den Professoren als auch den Assistenten die bisherigen Entwürfe für ein neues Hochschullehrerdienstrecht, um das seit Jahren gerungen wird.

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Zu den vordringlichsten Aufgaben des neuen Bundesministers für Wissenschaft und Forschung wird sicherlich auch die Lösung der Dienstrechtsproblematik der Hochschullehrer (HSL) zählen. In den beiden letzten Legislaturperioden des Nationalrates konnte die sozialistische Alleinregierung trotz parlamentarischer Entschließungen keine mit den HSL akkordierte Lösung herbeiführen.

Der Mißmut der Betroffenen führte in den vergangenen Monaten zu zahlreichen Dienststellenversammlungen, Verbändeprotesten, einer gemeinsamen Pressekonferenz von Professoren- und Assistentenverband sowie zu einem Protestmarsch der steirischen HSL in Graz. Vorerst brachten die Nationalratswahlen diese österreichweiten Protestaktionen zu einem vorläufigen Stillstand, um die weitere Gesprächsbereitschaft des neuen Ressortministers, dem in der Dienstrechtsfrage neben dem Bundeskanzler eine wesentliche Rolle zukommt, abzuwarten.

Die bisherigen dienstrechtlichen Bestimmungen für Univer- sitäts-/Hochschulprofessoren, Universitäts-/Hochschulassi- stenten bzw. Assistenzärzte, Beamte im wissenschaftlichen Dienst sowie Vertrags- und Studienassistenten bestehen in Einzelgesetzen, wobei auch Bestimmungen der alten Dienstpragmatik bzw. des heute geltenden Beamtendienstrechtsgesetzes (BDG) zur Anwendung kommen.

Die sozial am stärksten betroffene Personengruppe unter den HSL ist zweifelsohne jene der Hochschulassistenten. Sogenannte Kettenverträge (vierjährig) können sogar bei habilitierten, d. h. mit der höchsten HSL-Quali- fikation ausgestatteten Assistenten zur Entlassung führen und das faktisch bis vor Erreichung des Pensionsalters. Insofern hat der Hochschulassistent trotz Erbringung der Definitivstellungserfordernisse (Habilitation oder gleichzuhaltende Eignung) kein Anrecht auf Definitivstellung, wie es sonst im Bundesdienst üblich ist.

Auch das Recht, an der Universität zu verbleiben (mit der Einschränkung der VierjahresVerträge), welches mit der Habilitation oder gleichzuhaltenden Eignung gegeben ist, erwerben viele Assistenten oft erst zu einem Zeitpunkt (35., manchmal 40. Lebensjahr oder sogar darüber) — ein Zeitpunkt, wo bei Nichterfüllung dieser Anforderung der Übertritt in andere Berufe sehr schwierig ist.

Uber den rein sozialen Aspekt hinaus sind es aber auch in hohem Maße grundsätzlich geänderte Strukturen an unseren Universi- täten/Hochschulen, welche die bisher geltenden dienstrechtlichen Bestimmungen nicht mehr anwendbar erscheinen lassen.

Einerseits schafft das Universitätsorganisationsgesetz (UOG) neue Organisationsformen, welche nicht mehr mit dem Hochschulassistentengesetz (HAG) in Einklang zu bringen sind, und anderseits bringen die Massenuniversität sowie die heutigen gesellschaftlichen Anforderungen Situationen, die mit dem bisherigen Dienstrecht nicht gelöst werden können.

Die mit der Massenuniversität verbundene Lehrtätigkeit wird heute in überwiegendem Maße von den Assistenten, dem sogenannten „akademischen Mittelbau“, geleistet. Grundsatz der Tätigkeit als HSL ist aber die Verbindung von Forschung und Lehre. Vielen Assistenten bleibt wenig bis kaum Zeit für die Forschung. Seine Forschung muß der Assistent oft in der Freizeit betreiben, und er muß Forschung betreiben, um einerseits qualifizierte Lehre anbieten zu können und um anderseits die wissenschaftliche Qualifikation (Habilitation) zu erwerben.

Die Gesellschaft verlangt heute von den Universitäten die Berufsvorbildung, die Ausbildung und Weiterbildung der Studierenden bzw. Absolventen. Sie fordert weiters die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung im Sinne einer innovatorischen Tätigkeit für die Lösung unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme.

Diese von der Gesellschaft gestellten und vom Gesetzgeber geforderten Aufgaben erfordern vom HSL ein besonderes Maß an Innovationsfähigkeit und geistiger Flexibilität. Die Suche nach Problemlösungen bzw. das Vorantreiben von Forschungsprojekten beschäftigt kreative Menschen unabhängig von Dienstplan und Reglementierung. Geistige Höchstleistungen erfordern notwendige Frei-, aber auch Schutz- und Sicherheitszonen, wobei die wie überall in der organisierten Welt notwendige Kontrolle beim HSL, und damit ist immer auch der Forscher gemeint, in der rigorosen Beurteilung durch die nationale und internationale Fachwelt, aber auch durch das persönliche Gewissen gegeben ist.

Es sollte einsichtig sein, daß für ein möglichst effizientes Ineinandergreifen der mit diesen Aufgaben verbundenen Funktionsabläufe innerhalb der Hochschulen eine Organisationsform, aber eben vor allem auch ein Dienstrecht notwendig ist, für welche im gesamten öffentlichen Dienst kaum vergleichbare Normen vorhanden sind.

Akademiker, die heute in eine HSL-Laufbahn eintreten oder sich dieser bereits verschrieben haben, müssen möglichst früh (nach sechs Jahren) wissen, ob sie an der Hochschule bleiben können oder nicht. Als öffentlich Bedienstetem muß ihm wie den anderen Kollegen nach Erbringung einer entsprechenden Qualifikation das Recht auf Definitivstellung erwachsen. Die Habilitation wird solcherart als ausschließlich wissenschaftliche Qualifikation aufgewertet und bildet neben dem a. o. Univ.-Prof. eine weitere Qualifikationsstufe der HSL- Laufbahn, an deren Spitze der o.Univ.-Prof. steht.

Grundsätzlich werden folgende, auch von der Bundessektion HSL in der Gewerkschaft öffentlicher Dienst unterstützte Anforderungen an ein neues HDG (Hochschuldienstrechtsgesetz) gestellt:

• einheitliches und eigenständiges HDG für alle HSL

• Anerkennung der besonderen betrieblichen Situation an den Universitäten/Hochschulen

• UmsetzungderGrundsätzedes UOG in das HDG

• flexibles HDG, das den vielfältigen und zunehmenden Aufgaben der Universitäten/Hochschulen gerecht wird

Zusammenfassend muß festgehalten werden, daß die bisher von der Regierung vorgelegten Papiere dem veränderten Berufsbild des Hochschulassistenten nicht Rechnung tragen, durch zentralistische Reglementierung der HSL zum Verwaltungsbeamten dekretiert wird und letztlich die für Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft kreativen Kräfte und innovatorischen Impulse unterdrückt werden.

Von der neuen Regierung wird erwartet, vor allem in Hinblick auf die mehr als 100jährige Periode der Liberalität der österreichischen Universitäten, daß die Beratungen über das neue HDG rasch und neu aufgenommen werden.

Dr. Franz Prochazka ist Vorsitzender des Verbandes des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals der österreichischen Hochschulen (Assistentenverband). Der hier wiedergegebene Überblick basiert auf gemeinsamen Diskussionen mit Vertretern aes Professorenverbandes (Vorsitz: Univ.- Prof. Dr. Hans Vogler) sowie Zentralausschußmitgliedern des Assistentenverbandes.

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