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Diesen Wahnsinn darf keiner wollen!

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Die Vorstellung, daß Jörg Haider in Helmut Schüller einen Verbündeten ausmachen konnte, nachdem der Caritas-Präsident ihm gegenüber seinem Ärger über die seiner Meinung nach viel zu restriktive Flüchtlings- und Ausländerpolitik der Regierung Luft gemacht hat, ist schon einigermaßen bizarr. Da Schüller dem FP-Obmann zudem auch unmißverständlich klargemacht haben will, daß er ein AntiAusländer-Begehren schlicht für ein untaugliches Instrument zur Problemlösung hält, muß man an den eigenen fünf Sinnen zweifeln, wenn Haider das als Gegenposition zur „linken" Kirche betrachten kann, die für ihn nach ihrem kategorischen Nein König, Kuntner, Krenn und Weber repräsentieren.

Für die totale Konfusion nun die „Interpretationsfreude jener, die darüber berichten" (Schüller), verantwortlich zu machen, ist wohl zu billig. Haider und Schüller haben sich höchstselbst so ausgelegt und ihre gegensätzlichen Positionen - dem einen ist die Regierungspolitik noch lange nicht hart genug, dem anderen längst zu menschenverachtend und hartherzig - zum Gordischen Knoten verwirrt. Das Ganze macht trotzdem dann einen Sinn, wenn Schüllers Gespräch mit Haider den FP-Chef davon überzeugt haben sollte, vom Anti-Ausländer-Begehren Abstand zu nehmen. Nur deutet bisher nichts darauf hin.

Was will der FPÖ-Obmann in der Ausländerfrage wirklich? Diese Frage hat den Caritas-Präsidenten zu Haider geführt. Aber keine Äußerung eines der Beteiligten ließ die Antwort darauf erahnen. Gesprächsbereitschaft gibt es, aber worüber? Über den Caritas-Wunsch nach einer liberaleren Ausländerpolitik? Über alle oder einzelne Punkte der FPÖ für ein Anti-Ausländer-Begehren? Über das Ultimatum?

Einmal angenommen, Helmut Schüller hat sich nicht über den Tisch ziehen lassen: Dann gilt es, diese Chance - mit Verlaub - beim Schopf zu packen, ohne Wenn und Aber, ohne falsches Prestigedenken. Wenn es tatsächlich diese Bereitschaft zum Gespräch gibt, erübrigt sich die Frage, ob es vielleicht einen „runden Tisch" geben soll. Es geht eigentlich nur mehr darum, wer dazu einlädt. Geradeheraus: Die Hoffnung liegt beim Bundespräsidenten, bei Thomas Klestil. Und die Zeit drängt.

Vierhunderttausend Menschen könnten in den kommenden Winterwochen in unserer Nachbarschaft elend dahinsterben - und da sollten hierzulande Abermillionen für und wider ein AntiAusländer-Begehren verpulvert werden? Das wäre Wahnsinn! Das kann, das darf doch niemand wollen.

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