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Das Ausmaß der Niederlage

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Nun hat die SPD, begünstigt vom KPD-Verbot, ein ganz ähnliche Entwicklung mitgemacht. Das hatte zur Folge, daß linke CDU-Leute in zunehmendem Maß zur SPD gingen. Dies blieb lange Zeit nach außen verborgen, weil von rechts, von den Splitterparteien, neue Anhänger für die CDU gewonnen werden konnten. Dieser Prozeß kam in Nordrhein-Westfalen zum erstenmal zum Stehen. Daß die CDU trotzdem 3,3 Prozent verlor, zeigt erst das wahre Ausmaß ihrer Niederlage. Von da her zeigt sich aber anderseits auch in voller Größe die Fehlentscheidung von Düsseldorf. Bleibt die CDU auf dem Kurs einer Rechtspartei, so wird sie unweigerlich künftig von einer Niederlage in die andere gehen. Sie kann rechts keine Stimmen mehr gewinnen, es sei denn, die FDP löse sich auf, wozu keine Anzeichen vorhanden sind. Sollte je die Nationaldemokratische Partei ihre Anziehungskraft vergrößern, so wäre ein weiteres Jagen nach Rechtsstimmen für die CDU geradezu tödlich. Sie würde nur zur Mitte hin verlieren, was sie rechts nicht mehr gewinnen kann. Insofern ähnelt sich die Situation von CDU und SPD. Die SPD konnte zur Mitte wandern, weil links von ihr nichts vorhanden war. Die CDU müßte jetzt ebenfalls zur Mitte zurückfinden, nachdem sie alle Rechtskonkurrenz aus dem Wege geräumt hat und die Neugründung von Parteien in Deutschland sehr schwierig ist.

Hier wird erkennbar, welche Belastung Ludwig Erhard für die CDU in der Zukunft sein wird. Adenauer und er waren hervorragende Zuglokomotiven nach rechts, die mit Ausnahme der FDP alles niedergewalzt haben, was ihnen in den Weg kam. Zur Mitte mußten siie versagen. Es ist also nicht nur die selbstzufriedene, mit den Erfolgen nicht unbedingt in Einklang stehende Art der Amtsführung Erhards, auch sind es nicht die seiner unwürdigen Schimpfkanonaden, mit denen der ansonst gutmütige Mann seine Stärke beweisen will, die der CDU die Wahlniederlage beigebracht haben. Das Problem liegt in der Veränderung der

Partei begründet, die viel von ihrem ursprünglichen Konzept eingebüßt hat, nachdem sie nach rechts und links unbeschränkt koalitionsfähig sein sollte.

Bayern ist anders

Die obigen Beobachtungen treffen allerdings für die Schwesterpartei, die CSU, die sich zum Wahlkampf in diesem Herbst rüstet, nur teilweise zu. Auch hier hat der Prozeß der Rechtsorientierung unter gleichzeitigem Verlust nach links längst eingesetzt. Die in voller Auflösung befindliche Bayernpartei, Reste des BHE, ergeben aber noch ein auffangbares Wählerreservoir, das den Verlust an alten CSU-Anhängern verschleiern wird. Allerdings werden einige Parteisplitter und auch einige alte CSU-Anhänger zur NPD abwandern, deren Abschneiden das Wahlergebnis beeinflussen kann.

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