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Digital In Arbeit

Der Architekturstudent:

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Wissensvermittlung ist gerade auf dem Sektor des Bauingenieurwesens und der Architektur am problematischsten, denn der Einfluß der vom Baumeister bzw. Architekten geformten Umwelt auf die seelische und geistige Entwicklung ist unbestreitbar.

Es scheint also durchaus in Ordnung, wenn man sich an unserer Fakultät bemüht, dem Studenten einen möglichst hohen Durchschnitt an Wissen für seine spätere Laufbahn als Planer und Gestalter der Umwelt mitzugeben. Da aber die Erfahrung zeigt, daß der Lehrstoff im stetigen Wachsen begriffen ist, wird sich eine Differenzierung des Studiums — besonders der Richtung Architektur — nicht verhindern lassen. (Beim Studium zum Bauingenieur wird bereits den an den Absolventen gestellten verschiedenen Anforderungen durch Wahlpläne entsprochen.)

Bis jetzt wurde an den meisten Instituten versucht, durch eine Rationalisierung der zweifelsohne notwendigen Verwaltungstätigkeit eine Erleichterung zu schaffen.

An manchen Instituten zeigt die Tendenz, dem Inhalt der Übungen einen zeitgemäßen Charakter zu geben und den Studenten selbständiger und freier arbeiten zu lassen, sehr belebende Auswirkungen. Diese Methode hat außerdem den Vorteil, daß sie — schon in den ersten Semestern angewandt — den Studierenden zum eigenen Nachdenken zwingt und ihm dadurch ermöglicht, das (Nicht-) Vorhandensein seiner Fähigkeiten für das von ihm ausgewählte Studium zu erkennen. Diese Forderung wurde von den zuständigen Studentenvertretern schon immer erhoben, denn es hat keinen Sinn, das Studium nach mehreren Semestern aufzugeben, nur weil man erst zu einem späteren Zeitpunkt entdeckt, für das betreffende Studium kein Talent zu haben. Bei Programmvergleichen verschiedener Jahrgänge — besonders der Studienrichtung Architektur — ist eine erhebliche Niveauverschiebung nach oben erkennbar, eine Erscheinung, welche sowohl für die Arbeit der Lehrkanzeln als auch nicht zuletzt für die Arbeit der Studenten spricht. In dieser Niveauverschiebung liegt aber auch die Gefahr, daß durch erhöhte Arbeitsanforderungen das Studium verlängert wird.

An der THW, Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur, ist von allen deutschsprachigen Hochschulen der Unterschied zwischen theoretischen (8 bzw. 9 Semester) und praktischer (14 bis 16 Semester) Studiendauer am größten.

Eine größere Zusammenarbeit verschiedener Institute wäre wünschenswert, so daß ein Übungsprogramm an mehreren Lehrkanzeln ausgeführt und angerechnet werden könnte, wobei natürlich auf die spezielle Forderung jeder Lehrkanzel eingegangen werden müßte.

Durch Geldspenden anläßlich der 150-Jahr-Feier konnten die Zeichensäle für die Architekturstudenten zweckmäßig umgebaut werden. Die in allen Zeichensälen geplante und schon teilweise durchgeführte Möglichkeit zur gänzlichen Durchführung einer Entwurfsarbeit im Zeichensaal unter ständiger Überwachung durch den Professor oder Assistenten stellt für den Studenten den Idealfall dar, jedoch sind die vorhandenen Zeichenplätze noch immer zuwenig, und es wird wahrscheinlich zu ähnlichen Stauungen wie bei den Laborplätzen der Studienrichtung Chemie kommen.

Wie das Studium an unserer Fakultät in einem Jahr aussehen wird, hängt von der im Entstehen begriffenen Reform des Studiums, an deren Ausarbeitung die Österreichische Hochschülerschaft wesentlich beteiligt war, und von der Schaffung des neuen Hochschulstudiengesetzes ab.

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