7103061-1995_19_13.jpg
Digital In Arbeit

Führen die Auswege nur nach Rom?

Werbung
Werbung
Werbung

Was sich derzeit innerhalb der katholischen Kirche Österreichs abspielt, kann man nicht als Streit um kirchenpolitisches Kleingeld abtun. Da geht es, wie Bischof Weber richtig feststellte, bereits um viel mehr — mit dem Vertrauen in einzelne Hirten hängt für viele das Vertrauen in die ganze Institution und letztlich auch in den, der sie gestiftet hat, zusammen.

Das Bibelzitat „Wer euch hört, hört mich” wird von konservativen' Katholiken gerne verwendet, um kritischen Geistern gegenüber die Autorität der Bischöfe herauszustreichen. Aber richtet sich dieses Christus-Wort nicht in erster Linie mahnend an die Apostel und ihre Nachfolger? Besagt es nicht, daß es von der Qualität ihrer Verkündigung abhängt, ob die Menschen Beziehung zu Gott haben oder nicht?

Insofern haben alle in der Kirche, insbesondere aber Amtsträger, eine ungeheure Verantwortung. Daher wirkt sich auch die Art und Weise, wie die „Causa Groer” gelöst oder nicht gelöst wird, nicht nur auf die Institution Kirche (und zwar derzeit in Form gehäufter Kirchenaustritte), sondern auch langfristig auf den Zugang zum christlichen Glauben aus. Das umstrittene „Kirchenvolksbegehren” ist in dieser Situation der verständliche Aufschrei von Leuten, die an vorderster Front (Religionsunterricht, Jugendarbeit) Zugänge zum Glauben schaffen sollen und wollen. Man mag Inhalt und Form für überzogen halten, aber es wäre fatal, würden Gegner und Befürworter dieses „Begehrens” einander vorschnell in gute und böse Katholiken einteilen und zwischen einander Gräben und Mauern errichten.

Will der Wiener Kardinal bis zum Zusammenbruch der Kirche schweigen, fragte neulich eine so besonnene Journalistin wie Barbara Coudenhove-Kalergi. Daß niemand in Österreich den Wiener Erzbischof abberufen kann, ist nach der katholischen Ordnung klar. Und solange er schweigt und von einigen darin bestärkt wird, gibt es in Österreich nicht einmal einen Prozeß der Wahrheitsfin-• dung, um den Bischof Weber offensichtlich ehrlich bemüht ist, und daher keinen Ausweg aus der Krise. Führt der Ausweg - wie anfeblich alle Wege - nach Rom? indet nun dorthin, wie der Pastoraltheologe Paul Zulehner meint, ein „ Informationswettlauf” statt, ehe Kardinal Groer im „Sommerloch” möglichst unauffällig abtritt?

Die Klärung der Vorwürfe gegen den Kardinal und mancher Andeutungen, einzelne seiner Mitarbeiter hätten mit ihrem Mitwissen Karriere gemacht, müßte der Kirche selbst, in Österreich und in Rom, ein wichtiges Anliegen sein. Auf Zeit und Vergessen zu setzen ist nämlich für eine der Wahrheit verpflichtete Institution in den Augen der Öffentlichkeit nichts anderes als ein erbärmlicher Versuch des Vertuschens.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung