Geopolitik: Auf Augenhöhe mit Afrika!

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Die 54 afrikanischen Staaten sind auf UN-Ebene ein wichtiger Block. Dass sie nicht automatisch wie „der Westen“ denken, hat sich zuletzt gezeigt. Was sind die Lehren daraus? Ein Gastkommentar.

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Die 54 afrikanischen Staaten sind auf UN-Ebene ein wichtiger Block. Dass sie nicht automatisch wie „der Westen“ denken, hat sich zuletzt gezeigt. Was sind die Lehren daraus? Ein Gastkommentar.

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„Afrika“ macht wieder einmal mit Negativschlagzeilen von sich reden: Im seit Jahrzehnten krisengebeutelten Sudan ist es zur Eskalation gekommen. Gegenüber stehen einander die reguläre Armee unter Regierungsübergangschef General Abdel Fattah al-Burhan – und die „Rapid Support Forces“ des mächtigen Milizführers Muhammad Hamdan Dagalo (besser bekannt unter seinem nom de guerre „Hemedti“). Letztere Kräfte gehören zur Miliz der „Janjaweed“, die in der Provinz Darfur jahrelang die Bevölkerung drangsalierten und grausame Verbrechen verübten. Es ist ein Kampf zwischen jenen Machthabenden, die seit dem Sturz von Langzeitdiktator Omar al-Baschir im April 2019 um die Vormachtstellung im Sudan rittern. Die Zivilbevölkerung wird seither marginalisiert, versprochene demokratische Wahlen werden laufend verschoben.

Neben der Frage, wohin der Sudan steuert, gab und gibt es auch Irritationen auf geopolitischer Ebene: Für viele war es eine böse Überraschung, als die 54 afrikanischen Staaten 2022 den Resolutionen der UN-Generalversammlung zur Verurteilung des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht geschlossen zustimmten. Zählt man die Staaten mit Ablehnung (Eritrea), Enthaltung (u. a. Südafrika) und Abwesenheit (u. a. Äthiopien) zusammen, summiert sich die Nichtunterstützung auf fast 50 Prozent.

Ukraine-Krieg: Europäische Angelegenheit?

Wie kann so etwas sein? Der sogenannte Westen geht noch immer davon aus, dass die Staaten Afrikas zumeist die Interessen der ehemaligen Kolonisatoren vertreten. Aufgrund historischer Verbindungen, Kooperationen und Hilfen glaubte man Afrika an seiner Seite. Dass plötzlich Stimmen laut werden würden, die der NATO eine Mitschuld am Krieg in der Ukraine zuweisen, die diesen Krieg als europäische Angelegenheit betrachten, in die man nicht hineingezogen werden will – und die klagen, dass dessen Auswirkungen durch steigende Lebensmittel- und Energiepreise erneut in Afrika am stärksten zu spüren sind, obwohl man – wie bei der Klimakrise – keine Mitschuld trägt, darauf war man nicht gefasst.

Vor allem die Reaktionen aus Südafrika haben zu Unverständnis geführt. Hat Südafrika nicht eine der modernsten Verfassungen der Welt? Hat man nicht am eigenen Leib erfahren, wie viel Leid ein menschenverachtendes (Apartheid-)System verursachen kann? Ende Februar kam es sogar zu Seemanövern der südafrikanischen Marine mit China und Russland. Die südafrikanische Regierung hat jede Kritik brüsk von sich gewiesen und betont, dass dieses Manöver von langer Hand geplant gewesen sei und mit dem Krieg in Europa nichts zu tun habe.

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